Was tun, wenn...?

Kindertagespflegepersonen

Alle Kindertagespflegepersonen erhalten bei der Qualifizierung, bei Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege (EzK) und in der Regel auch bei jeder neuen Antragstellung das „Ablaufschema Kindeswohlgefährdungsabklärung“. Dieses Ablaufschema ist landkreisweit gültig und gilt für alle, die mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten.

"Privatpersonen", die Anhaltspunkte bemerken, die auf eine Kindeswohlgefährdung hindeuten könnten, können jederzeit das Jugendamt informieren. Alle anderen Personen, die beruflich mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, müssen nach dem Ablaufschema vorgehen.

Eine Gefährdung liegt nicht lediglich bei einem Missbrauchsverdacht vor, sondern bspw. auch bei Vernachlässigung.

Wenn eine Kindeswohlgefährdung angenommen wird, ist man als Kindertagespflegeperson verpflichtet, sich von einer „Insoweit erfahrenen Fachkraft“ (InsoFa) beraten zu lassen, um gemeinsam zu einer Bewertung der Risiken und Gefahren zu kommen. Kindertagespflegepersonen erbringen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Zugleich unterscheiden sie sich in wichtigen Punkten von anderen Leistungserbringern. Wenn Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung bemerkbar sind, so stellt dies für die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft eine besondere Herausforderung und Belastung dar.

Eltern, die ihr Kind vernachlässigen oder ihm Gewalt antun, fühlen sich normalerweise deswegen schuldig. Auch wenn sie es nicht gerne zugeben, wissen sie in der Regel, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist und dem Kind schadet. Gerade deshalb reagieren sie besonders empfindlich, sobald sie darauf angesprochen werden.

Der Gesetzgeber verlangt von Kindertagespflegepersonen (päd. Tätigen), dass sie in der Lage sind, wichtige Ereignisse zu erkennen, die für die Betreuung des Kindes bedeutsam sind, und den für sie zuständigen Fachdienst des Jugendamts bzw. eines freien Trägers über diese Ereignisse unterrichten (§ 43 Abs. 3 SGB VIII). Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist es u. a. notwendig, dass sie fähig sind, eine Ersteinschätzung vorzunehmen und zu ersehen, ob Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. Natürlich sollten sie ihr eigenes Handeln kritisch hinterfragen können und auch die Grenzen ihrer eigenen Fähigkeiten rechtzeitig erkennen.

Sie sollten eine Gefährdung gegenüber anderen Auffälligkeiten abgrenzen können und insbesondere Signale und Verhalten junger Kinder entwicklungspsychologisch einzuordnen wissen. Auch sollten sie abschätzen können, ob das auffällige Verhalten eines Kindes (vermutlich) als ein Reifungsphänomen (z.B. Trennungsangst, Trotz), eine Entwicklungsvariante (z.B. Schüchternheit, passageres Stottern) oder eine Verhaltensstörung (z.B. Bindungsstörung, Destruktivität) zu verstehen ist (vgl. Largo 1993, 1999).

Kindertagespflegepersonen müssen (!) bei Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung den für sie zuständigen Fachdienst informieren und ihre Beobachtungen mitteilen, sowie in Abstimmung mit der Fachberaterin bzw. dem Fachberater gegebenenfalls eine insoweit erfahrene Fachkraft konsultieren- siehe auch Unterpunkt "Beratung durch eine "insoweit erfahrene Fachkraft".

Eltern

Sollten Eltern eine mögliche Kindeswohlgefährdung in der Kindertagespflegestelle vermuten, so können sie sich an die Fachberatung oder direkt an das Jugendamt wenden.

Ablaufschema Kindeswohlgefährdungsabklärung TPP.pdf

Ablaufschema Kindeswohlgefährdungsabklärung Landkreis Cloppenburg

Gesetzliche Regelungen und Erläuterung des Ablaufplans

§ 8a SGB VIII - Verpflichtungsnorm

Hier ist der sog. Schutzauftrag des Jugendamtes bei maßgeblicher KWG geregelt. Es werden hier „Aufträge“ an das Jugendamt formuliert.

Das Jugendamt ist verpflichtet, mit freien Trägern Vereinbarungen zu schließen, dass deren Fachkräfte ihren Schutzauftrag wahrnehmen und dazu eine Gefährdungseinschätzung vornehmen für die sie eine InsoFa beratend hinzuziehen müssen. (Gesetzestext: In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass ....

bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird...)

Neu ist (Abs. 5) seit 2021, dass von Seiten des JA mit den KTPP eine Vereinbarung zu schließen ist, dass auch diese eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine InsoFa beratend hinzuziehen. KTPP lassen sich z. B. bei uns (=freier Träger) beraten. Das ist eine 8a-Beratung.

Personen, die in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind, fallen unter den § 8a (=freie Träger).


§ 8b SGB VIII- Anspruchsgrundlage

Damit sind alle Personen gemeint, die beruflich mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt stehen- auch sie müssen den Ablaufplan kennen und sich an ihn halten. Diese Personengruppe kann eine InsoFa hinzuziehen. (Gesetzestext: Alle Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen, haben bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung im Einzelfall gegenüber dem örtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft.)

Anspruchsinhaber nach § 8b Abs. 1 SGB VIII sind z. B.: Trainer in Sportvereinen, Reitlehrer etc., Klavier-, Gesang-, Nachhilfelehrer etc., Geistliche und Seelsorger, In der Sozialhilfe tätige Personen, Sozialarbeiter / Sozialpädagogen ohne staatliche Anerkennung, Lehrer an staatlich nicht anerkannten Privatschulen

§ 8b Abs. 1 SGB VIII gilt nicht für Berufsgeheimnisträger und Lehrer*innen an öffentlichen Schulen; für sie gilt § 4 KKG als lex specialis.

In Abs 2 steht, dass Träger bei der Entwicklung eines Schutzkonzeptes Hilfe vom überörtlichen Träger der Jugendhilfe bekommen können.

Ehrenamt: §72 a SGB VII: Verpflichtung zu EPFZ auch für Ehrenamtliche, aber § 8b gilt per Bundesgesetz zunächst einmal nicht für Ehrenamtliche!

Im Landkreis Cloppenburg ist es so geregelt, dass auch Ehrenamtliche Betreuer und Trainer etc. einen Anspruch auf Beratung durch eine InsoFa haben, da der Landkreis mit allen Vereinen, die mit Kindern und Jugendlichen „zu tun“ haben, eine entsprechende Vereinbarungen geschlossen, hat, in denen dies geregelt ist.

§ 4 KKG

(Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz -KKG-) sind der Kinderschutz und die staatliche Mitverantwortung, Information und Unterstützung von Eltern, Netzwerkstrukturen im Kinderschutz und eben auch die Übermittlung von Informationen geregelt. § 4 regelt, wer zu den sog. „Berufsgeheimnisträgern“ zählt. Das sind Ärztinnen oder Ärzte, Hebammen oder Entbindungspfleger oder Angehörige eines anderen Heilberufes, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, Berufspsychologinnen oder -psychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung, Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -berater sowie Beraterinnen oder Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist, Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, staatlich anerkannte Sozialarbeiterinnen oder -arbeiter oder staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen oder -pädagoge oder Lehrerinnen oder Lehrer an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten Schulen.


Offenbarungsbefugnis: Geheimnisträger dürfen nicht einfach so Daten weitergeben, daher wird das (im Prinzip selbe) Verfahren als „anders“ dargestellt, da sie unbefugt nicht Privatgeheimnisse verletzen dürfen und sie deshalb noch die „Stufe“ der Offenbarungsbefugnis, § 4 Abs. 2 und 3 KKG erlaubt in solchen Fällen die Datenweitergabe an das JA.



Bevor eine Information einer Kindertagespflegeperson an das Jugendamt geht, ist diese verpflichtet, nach dem im Landkreis gültigen Ablaufschema vorzugehen, also das Kindertagespflegebüro einzuschalten und sie ist weiterhin verpflichtet, zur Gefährdungseinschätzung eine sog. „Insoweit erfahrene Fachkraft“ (InsoFa) einzuschalten. Wenn es dann zu einer Einschätzung kommt, die da heißt: ja, es liegt eine Gefährdung vor, dann (und erst dann) kann die Kindertagespflegeperson das Jugendamt informieren. Oft wird man dann gefragt, ob vorher eine sog. „8a-Beratung“ erfolgte. Wenn das bejaht oder berichtet wird, wird der Fall aufgenommen und die durch die InsoFa dokumentierten und stets (!) anonymisierten Unterlagen der 8a-Beratung können dem Jugendamt übermittelt werden. Natürlich kann jede Kindertagespflegeperson eine InsoFa auch bei einem anderen Träger, wie der Erziehungsberatungsstelle, Caritas o. a. in Anspruch nehmen. Dort vergeht aber erfahrungsgemäß oft viel Zeit damit, das System Kindertagespflege und die "Sonderstellung" (selbstständig, Eltern sind Auftraggeber, Pflichten gegenüber dem Kindertagespflegebüro…) zu erläutern, sodass die InsoFa bei dem Kindertagespflegebüro schon sehr sinnvoll ist- aber eben keine Pflicht. Eine Liste der InsoFa kann beim Landkreis erfragt werden. Wir als Fachberatung haben hier eine Doppelfunktion und es ist unabdingbar, dass wir unsere Doppelrolle gut im Blick haben und uns abgrenzen.


Ablauf in der Praxis

Eine Kindertagespflegeperson formuliert einen möglichen Verdacht.

1. Die Fachberatung führt in der Kindertagespflegestelle oder im Kindertagespflegebüro ein persönliches Gespräch mit der Kindertagespflegeperson.

2. In Akutsituationen (Gefahr von Leib und Leben) wird sofort Arzt/Polizei/Jugendamt eingeschaltet.

3. In unklaren Situationen wird zunächst das Gespräch mit den Eltern gesucht

4. Führt dieses Gespräch zu einer Verbesserung der Situation für das Kind, ist das Verfahren beendet.

5. Führt dieses Gespräch zu keiner Verbesserung der Situation für das Kind, schaltet die Kindertagespflegeperson zu ihrer Hilfe eine Insoweit erfahrene Fachkraft ein. Nach dieser Beratung und einer gemeinsamen Gefährdungseinschätzung führt die Kindertagespflegeperson erneut ein Gespräch mit den Eltern. Erst wenn auch dieses Gespräch zu keiner Verbesserung der Situation für das Kind führt, wird das Jugendamt informiert.