Editorial
„Das hat Brüssel entschieden“, „Europa ist weit weg“, „Wir müssen die bürokratischen Fesseln ablegen“ – das und ähnliche Zuschreibungen hört man nicht nur in Wahlkampfzeiten, wenn von der Europäischen Union gesprochen und geschrieben wird.
„Das hat Brüssel entschieden“, „Europa ist weit weg“, „Wir müssen die bürokratischen Fesseln ablegen“ – das und ähnliche Zuschreibungen hört man nicht nur in Wahlkampfzeiten, wenn von der Europäischen Union gesprochen und geschrieben wird.
Seltener hört man leider, dass – bei aller berechtigten Kritik an der EU, die auch wir Sozialdemokrat:innen vorbringen – es sich dabei um ein einzigartiges Friedensprojekt handelt, das wir nicht hoch genug schätzen können und behüten müssen. Denn: Die Angriffe auf ein humanistisches, solidarisches und ökologisches Europa werden heftiger und bedrohlicher, sowohl von rechten Parteien als auch von populistischen EU-Feinden. Wer von einem Kontinent träumt, der sich in nationalistischen Einzelinteressen verstrickt, hat nicht ausreichend verstanden, dass wir die globalen Herausforderungen wie Bewältigung der Klimakrise (sprich: die menschengemachte Erderhitzung), Kampf der zunehmenden Armut von weiten Bevölkerungskreisen (Stichwort: Nicht-Leistbarkeit des Wohnens und generelle Preisteuerung), Umgang mit Terrorismus und Radikalisierung von ganzen Gesellschaftsteilen, Bedrohung durch Fake News und neue Gefahren durch die ungezügelte Nutzung von Künstlicher Intelligenz etc. nur gemeinsam bewältigen können. Wir Sozialdemokrat:innen wollen daher ein starkes Europa, das weder Anhängsel der USA noch von China ist und in dem der ganze Einsatz den hier lebenden Menschen gilt. Ein Garant für dieses Welt- und Menschenbild ist unser Spitzenkandidat Günther Sidl. Wir brauchen ihn weiterhin als engagierten Mandatar im Europäischen Parlament. Drücken wir das durch unsere Vorzugsstimme aus!
Fazit: Es macht einen großen Unterschied, ob wir gendern oder nicht – es stärkt Zuversicht und Selbstvertrauen in unserer Gesellschaft. Wenn wir eines Tages nicht mehr über Maßnahmen zur Gleich-stellung sprechen müssen, dann erst ist unser Ziel erreicht!
Wenig bis nichts wird derzeit so hitzig und ambivalent diskutiert wie geschlechtergerechte Sprache: Das sogenannte „Gendern“. Für die einen ist es Ausdruck von Gleichstellung, für andere Bevormundung oder die Zerstörung der Sprache. Viele kritisieren, dass diese Diskussion wichtige gesellschaftspolitische Themen wie Kinderarmut, häusliche Gewalt, Arbeitszeiten oder faire Bezahlung in den Hintergrund rückt. Sie haben insofern Recht, als dieser Disput mediengetrieben ist und vorwiegend durch die politische Rechte genährt wird. Interessant, aber wenig überraschend ist, dass dieselben Kritiker:innen die jahrhundertealte Unterdrückung der Frau nicht aufschreien lässt.
Unwichtig ist Gendersensibilität aber dennoch nicht – ganz im Gegenteil: Kann man z. B. gerechte Bezahlung und geschlechtergerechte Sprache überhaupt unabhängig voneinander betrachten?
Sprachliche Unterrepräsentation bedeutet Verlust von Sichtbarkeit und verhindert Einfluss. Aus der Forschung weiß man, dass Sprachwandel für viele Menschen negativ konnotiert ist. Unbekannte und ungewohnte Begriffe sind für das Gehirn schwierig zu verarbeiten und beängstigend. ABER: Mit der regelmäßigen Verwendung öffnet sich die Schranke im Gehirn, das sich so sehr nach „Gewohntem“ sehnt.
Sprache lebt und gestaltet Realität. Sie verändert sich seit Anbeginn, und Sprachdebatten sind nichts Neues. Heute benutzen wir Wörter, die früher nicht verwendet wurden, gleichzeitig verschwinden alte Ausdrücke. Das ist weder gut noch schlecht – eine Bewertung dessen ist kräfteraubend und völlig überflüssig. Wir passen unsere Sprache ganz einfach an die Welt an, in der wir leben. Seit 2020 ist der Duden um über 3.000 Wörter reicher – inklusive „gendergerecht“ und „transgender“.
Schon lange läuft die Genderdebatte ident ab. Der Grund ist einfach: Das Patriarchat ist gekommen, um zu bleiben. Weder das Binnen-I noch der Wunsch nach Unabhängigkeit, die Menstruation oder der Bedarf an Kinderbetreuungsangeboten sind das Problem. Es ist das männlich geprägte Wertesystem, das als das Maß aller Dinge betrachtet wird. Nicht die Frauen erlauben sich zu viel, sondern der Status quo und seine Gönner:innen.
Was wir bei all dem Kampf nicht bedenken, ist, dass nicht zu gendern – und damit die Unsichtbarkeit zu fördern – massive, auch gesundheitliche Konsequenzen für uns Menschen hat: Frauen werden immer noch nicht in die Medikamentenforschung miteinbezogen, müssen daher oft mit unzureichender Behandlung ihrer Beschwerden leben, Symptome werden nicht als lebensbedrohlich erkannt oder Diagnosen viel zu spät gestellt. Im 21. Jahrhundert ist das Ideal – auch in der Medizin – der männliche Körper.
Hand aufs Herz: Was macht der Begriff „Automechaniker:in“ mit Ihnen? Löst er Unbehagen aus? Da sind Sie nicht alleine. Aber wovor haben wir Angst? Die Zukunft unserer Kinder wird durch den Einsatz geschlechtergerechter Sprache positiv beeinflusst. Laut einer Studie (Vervecken, D., & Hannover, B. [2015]. Yes I can! ...) trauten sich Kinder – vor allem Mädchen – denen Berufsbezeichnungen in geschlechtergerechter Sprache vorgelegt wurden, mehr zu als Kinder, bei denen auf das Gendern verzichtet wurde. „Typisch männliche“ Berufe – die grundsätzlich als schwieriger gelten – wurden, auch von Mädchen, gewählt und der Glaube an sich, darin erfolgreich sein zu können, gestärkt.
Nicole Luger-Göttl
Zyklusmentorin, Meditations-, Achtsamkeitstrainerin und angehende Kunsthistorikerin.
Sie unterstützt Frauen dabei in ihr Selbstvertrauen zu kommen, nicht der bessere Mann sein zu wollen und ihre Verbindung zum Körper wieder herzustellen. Der ganzheitliche Ansatz von Zyklus- und Hormonwissen in Kombination mit fernöstlichen Praktiken ist ihr dabei besonders wichtig.
Eine der wichtigsten Errungenschaften der Sozialdemokratie ist der Sozialstaat. Die Leistungen daraus begleiten uns das gesamte Leben, sie bieten ein Netz, das einen auffängt und einen stützt. Die Sorge, dass man im Alter finanziell nicht über die Runden kommt oder bei einer Krankheit viel Geld aufbringen muss, um für die Behandlung zu bezahlen, braucht man in Österreich nicht zu haben – zumindest noch nicht. Für Familien gibt es eine monatliche Familienbeihilfe, für Schüler:innen gratis Schulbücher und einen sehr stark vergünstigten Zugang zum öffentlichen Verkehr. Das sind nur einige der Vorteile des Sozialstaats. Dieser wird aus drei Quellen finanziert. Steuern machen rund 35 % der Finanzierung aus, Dienstnehmer:innenabgaben rund 22 % und die Dienstgeberabgaben (bekannt unter dem sperrigen Begriff Lohnnebenkosten) machen rund 36 % der Sozialstaatsfinanzierung aus.
Trotz aller Vorteile des Sozialstaats und trotz der Tatsache, dass dieser natürlich finanziert werden muss, erklingen alle paar Wochen neue Forderungen nach Lohnnebenkostensenkungen. Getarnt werden diese mit dem Argument, dass Arbeitnehmer:innen dann netto mehr verdienen. Was zumeist tatsächlich dahinter steckt, ist der Wunsch nach höheren Gewinnen. Denn nur wenn Unternehmen die Senkung bewusst weitgegeben, können die Löhne steigen. Dies ist Studien zufolge aber zweifelhaft.
Zahlreiche Lohnnebenkostensenkungen führten bereits zu hohen Mindereinnahmen
In der Vergangenheit kam es bereits zu zahlreichen Senkungen. Seit 2016 wurden die Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds von 4,5 auf 3,7 %, die Beiträge zur Unfallversicherung von 1,3 auf 1,1 %und die Beiträge zum Insolvenzentgelt-Fonds von 0,35 auf 0,1 % gesenkt. Der Einnahmenentfall beträgt für die bisherigen Senkungen rund 1,67 Mrd. Euro pro Jahr. Diese Prognosen liegen aber zum Teil einige Jahre in der Vergangenheit und beziehen die starken nominellen Lohnsteigerungen der letzten Jahre nicht mit ein. Berücksichtigt man diese, könnten die bisherigen Senkungen über 2 Mrd. Euro pro Jahr ausmachen, Tendenz steigend.
Konsequenzen sind bereits sichtbar
Immer mehr Menschen in Österreich fühlen sich durch den Sozialstaat nicht mehr ausreichend abgesichert. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, welche Folgen durch das Misstrauen in das Gesundheitssystem entstehen. Natürlich sind bei den Coronaleugner:innen und Impfgegner:innen viele dabei, die mit ihren Aktivitäten fragwürdige Ziele verfolgen und dies nur als Vorwand nutzen, um sich noch einmal stärker für rechte Parteien einzusetzen. Aber es sind auch jene dabei, die sich vom Gesundheitssystem verlassen fühlen. Sie haben das Gefühl, dass man sich nicht genug Zeit für eine Diagnose ihrer Symptome nimmt und misstrauen schließlich der Schulmedizin einschließlich der Wirkung von Impfungen. Das rechtfertigt ihre Taten keineswegs, es zeigt aber eindrücklich die Gefahren der Aushöhlung des Sozialstaats und das dadurch entstehende Erstarken der rechten Parteien auf.
Wir stehen in einer Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche, sei es die Klimakrise, die Digitalisierung oder die demografische Entwicklung. Wollen wir verhindern, dass soziale Risiken immer mehr individualisiert werden, muss unser Sozialstaat auch in Zukunft funktionieren. Um das gewährleisten zu können, brauchen wir aber mehr Finanzierung statt weniger.
Miriam Fuhrmann, MSc
Expertin für Wirtschafts-fragen im Volkswirtschaft-lichen Referat des Öster-reichischen Gewerkschafts-bunds
Mag. Christoph Kunz, M.A.I.S., M.A.6)
Jurist in der AK Niederösterreich
Mitglied im erweiterten Vorstand des BSA Niederösterreich und dort Leiter der AG Jurist:innen
Er bearbeitete die Thematik über mehrere Jahre inhaltlich und steht gerne für vertiefende Quellenauskunft und weiterführende Informationen zur Verfügung.
Dieser Artikel bediente sich des zuletzt verfügbaren Ratsvortrags, der als Ratsentscheidung kolportiert wurde, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CONSIL:ST_6145_2024_INIT
6) Es handelt sich um die persönliche Meinung des Autors.
Die EU-Lieferketten-richtlinie - Bedeutung zivilrechtlicher Haftbarkeit
Die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Direktive - CS3D) schaffte es durch ihre drohende Ablehnung kürzlich in die Medien. Dieser Artikel reicht den geneigten Leser:innen das Rüstzeug in die Hand, sich in dem Thema zurechtzufinden.
Die EU-Lieferkettenrichtlinie
Die neue Vorschrift soll große Unternehmen dazu verpflichten, ihre Wertschöpfungsketten mit ange-messener Sorgfalt auf Menschenrechtsverstöße und Umweltzerstörung hin zu überwachen und für solche Fälle auch gerade zu stehen. Groß-unternehmen müssen auch einen „Climate Transition Plan“ aufstellen, mit dem sie darlegen, wie sie die Klimaziele bis 2050 erreichen wollen. Aber was heißt das wirklich?
Wirtschaft und Menschenrechte
Ein Lieferkettengesetz soll durch Strafen oder Haftpflichten dafür sorgen, dass menschen-unwürdige oder umweltzerstörende Produktions-bedingungen aus den Herstellungsketten unserer Produkte verschwinden.1) Jedem von uns sind Horrorgeschichten über katastrophale Arbeits-bedingungen oder Industrieunfälle geläufig.2) In Österreich würde eine wegen Brand- oder Bau-gefahren unsichere Betriebsanlage massive Haftungen auslösen. Verantwortliche Unternehmen würden über Strafen hinaus, auch mit Schaden-ersatzforderungen von Betroffenen oder ihren Hin-terbliebenen rechnen müssen. Wenn ein Arbeit-geber, wie in Pakistan in einem Zulieferbetrieb eines deutschen Handelsunternehmens geschehen 3), Fluchtwege versperrt, gäbe es massive rechtliche Folgen, wohl bis hin zur Mordanklage aller Betei-ligten und Mitwisser:innen.
Was können denn wir dafür?
Pakistan ist nicht Österreich, oder gar in der EU. Der pakistanische Unternehmer wurde in seiner Heimat auch verfolgt. Was kann ein europäisches Unternehmen für die Exzesse pakistanischer Pro-duzenten? Das deutsche Unternehmen hatte eine italienische Prüfgesellschaft beauftragt, den Be-trieb unter die Lupe zu nehmen 4). Wenige Wochen später geschah die Brandkatastrophe. Wurde schlampig gearbeitet? Waren die Prüfstandards untauglich? Wurden die Unternehmen getäuscht? Wir werden es nie erfahren, denn es war meist rechtlich irrelevant, was ein europäisches Unter-nehmen über das Vorgehen von Tochterunter-nehmen oder Lieferant:innen wusste, oder gar welche Kontrolle es hatte. Aufgrund der Inter-nationalität, der rechtlichen Komplexität und der Undurchsichtigkeit von Unternehmensstrukturen bot der Rechtsweg selten Aussicht auf Erfolg. Es gibt seit Jahren Untersuchungen, wie das euro-päische Recht besser mit solchen Schäden um-gehen kann 5), aus juristischer Sicht dreht es sich aber im Wesentlichen um Fragen der Zurechnung, von Tochterunternehmen und in Vertrags-beziehungen, um verbindliche Rechtspflichten und um Fragen des Verschuldens. Genau für diese Fra-gen des Haftpflichtrechts fehlten bisher Maßstäbe und Ausführungsbestimmungen. Dazu kam ein komplizierter Wirrwarr aus nationalem Schaden-ersatzrecht und internationalem Privat- und Prozessrecht.
Bürokratische Complianceübung?
Meistens wird die Diskussion mit dem Aufwand für Unternehmen für das „Monitoring“ der Lieferketten abgewehrt. Das ist angesichts der zahlreichen Bei-spielfälle und der Offenkundigkeit der Vorfälle ab-surd. Eine tiefere juristische Diskussion über die angemessene Sorgfalt bleibt in Österreich noch aus. Die Praxis wird sich nun zweifellos an den Rechtspflichten und dem Verschulden abarbeiten, denn die CS3D sieht Schadenersatzansprüche für Betroffene vor (vgl. Art 22 des Entwurfs). Tat-sächlich muten diese Bestimmungen mMn. wie ein typisches Haftungsrecht an. Es wird aber bis zu einem gewissen Grad europaweit vereinheitlicht. Das ergibt sehr viel Sinn in einer Wirtschaftsunion, die gleiche Standards für Importe braucht. Es ist davon auszugehen, dass Zertifikaten oder Kontroll-berichten, die im Rahmen ernsthafter Prüfungen von Lieferbeziehungen erarbeitet werden, eine große Überzeugungskraft zukommen wird. Wird man aber auf Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden aufmerksam, so muss auch eine ebenso ernsthafte Auseinandersetzung mit An-sprüchen und ggf. eine Ersatzleistung erfolgen. Das würde auch im nationalen Kontext die Wenigsten verwundern.
Es ist nicht vorbei
Mit der CS3D beginnt erst die juristische Arbeit. Es wurde praktisch eine neue Art des Haftpflichtrechts eröffnet, in dem Zurechnungs-, Rechtswidrigkeits- und Schuldmaßstäbe entwickelt werden. Ob eine Richtlinie dafür die beste Richtschnur sein wird, muss hier dahingestellt bleiben. Bisherige Liefer-kettengesetze, etwa das in Frankreich, wurden nur eher zögerlich und einschränkend seitens der Gerichte aufgenommen. Dementsprechend liegt es jetzt an engagierten Jurist:innen die Vorschrift mit Leben zu füllen.
1) Z. B., aber nicht nur, durch Einhaltung der Kernarbeitsnormen: https://www.ilo.org/berlin/arbeits-und-standards/kernarbeitsnormen/lang--de/index.htm
2) Der Spiegel vom 25.04.2013: Begraben in der Schutthölle https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bangladesch-wie-es-trotz-warnzeichen-zum-fabrikeinsturz-kam-a-896399.html; ORF online vom 26.01.2019: Dammbruch in Brasilien - Schlammlawine reißt Hunderte in den Tod https://orf.at/stories/3109218/
3) European Center for Constitutional and Human Rights, Case Report KiK Pakistan https://www.ecchr.eu/fileadmin/Fallbeschreibungen/Fallbeschreibung_KiK_Pakistan_August2019.pdf
4) European Center for Constitutional and Human Rights, Case Report: RINA certifies safety before factory fire in Pakistan (Stand Dezember 2020) https://www.ecchr.eu/fileadmin/Fallbeschreibungen/CaseReport_KiK_RINA_December2020.pdf
5) Studie im Auftrag des EP: Marx et al. (2019): Access to legal remedies for victims of corporate human rights abuses in third countries, abrufbar unter (Englisch) https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document/EXPO_STU(2019)603475
Am 9. Juni finden Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Unser niederösterreichischer EU-Abgeordneter Günther Sidl stellt sich dabei zum zweiten Mal der Wahl zur Volksvertretung im gemeinsamen Europa. Im IMPULSE-Gespräch erklärt er, woran es in Europa noch hapert und wie mehr Produkte „made in EU“ mit unseren Klimaschutzzielen zusammenpassen.
Günther, du bist seit 2019 Abgeordneter zum Europäischen Parlament. Bist du in den letzten Jahren noch mehr Europäer geworden?
Ich habe sicher einen neuen Blick auf unser Europa gewonnen. Wenn wir daheim über die EU reden, gehen wir natürlich vom Entwicklungsstand in Österreich aus. Aber die EU ist vielschichtiger als das. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns auf einen gemeinsamen Weg einigen, der auch die Mitgliedstaaten mitnimmt, die vielleicht gerade erst dabei sind, den Unterbau zu den neuen Regelungen umzusetzen.
Ist das auch ein Thema beim Klimaschutz?
Ja, natürlich. Deshalb kritisiere ich auch den Wettbewerb für immer höhere CO2-Einsparungsziele. Weil hier oft nicht mehr überlegt wird, ob das überhaupt umgesetzt werden kann und welche Auswirkungen diese Maßnahmen haben. Aus meiner Sicht muss der Klimaschutz immer mit zwei Fragen verbunden sein. Zunächst mit der sozialen Frage. Das ganze Projekt wird scheitern, wenn wir die Menschen auf diesem Weg nicht mitnehmen und ihnen Ängste und Sorgen vor Belastungen, der Leistbarkeit sowie negativen Veränderungen nicht nehmen können. Zweitens müssen wir uns bei jeder Entscheidung in Brüssel die Frage stellen, was das konkret in der Umsetzung in den Gemeinden und Städten sowie für die regionalen Versorger bedeutet. Da gibt es nicht viele Politiker, die sich diese beiden Fragen stellen.
Denken zu wenige im EU-Parlament an den Klimaschutz?
Zumindest habe ich nur wenige Abgeordnete im Zug getroffen, die im EU-Parlament gerne über den Klimaschutz reden – und ich habe immerhin 165.000 Kilometer auf der Schiene zurückgelegt, weil ich gesagt habe, dass man nicht nur vom Klimaschutz reden kann, sondern auch persönlich etwas beitragen muss. Aber insgesamt muss man auch anerkennen, dass die Europäische Union beim Klimaschutz mit dem Green Deal einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht hat. Auch wenn viele Verordnungen letzten Endes gescheitert sind – wie etwa die Pestizidverordnung – oder stark verwässert wurden. Es ist jetzt eine Grundlage da, auf der wir weiter aufbauen können und müssen. Wenn wir den Green Deal richtig anpacken, haben wir am Ende eine gesündere Umwelt und mehr Beschäftigung bei uns in Europa. Aber dafür müssen die Klimaschutzmaßnahmen auch wirklich in unserem Alltag ankommen.
Wie kann die Klimaschutzpolitik in den Alltag der Menschen wirken?
Das geht nur, wenn wir anfangen, die richtigen Fragen zu stellen. Wir haben uns beispielsweise viel zu lange gefragt, wie die Menschen schnellstmöglich von ihrem Wohnort am Land zum Arbeitsort in den Städten kommen. Das Ergebnis davon war und ist eine ausgedünnte Infrastruktur in unseren ländlichen Gemeinden und endlose Pendlerkolonnen in den Ballungsräumen. Das zeigt, dass wir uns eigentlich die Frage stellen müssen, wie wir aus allen Gemeinden einen attraktiven Ort zum Leben und zum Arbeiten machen können. Wir brauchen gute Jobs, Kinderbetreuung, medizinische Versorgung und Pflegeangebote vor Ort. Damit schaffen wir kurze Wege im Alltag, und die sind gut für die Lebensqualität der Menschen sowie für unser Klima. Und genau dazu kann und muss die EU durch gezielte Regionalförderungen beitragen.
Kann die EU neue Jobs in den Regionen schaffen?
Ja! Das kann und das muss sie auch. Wir haben in der Corona-Pandemie deutlich gesehen, dass wir bei Weitem nicht mehr in der Lage sind uns selbst zu versorgen. Deshalb ist es auch eine Frage der Versorgungssicherheit, dass wir anfangen, Schlüsselprodukte wie Arzneimittel und Co wieder selbst herzustellen. Wir brauchen mehr Produkte „made in EU“ und dafür benötigen wir eine Re-Industrialisierung ohne rauchende Schlote – aber mit rauchenden Köpfen. Europa muss wieder mehr in öffentliche Forschung und Entwicklung investieren. Nur so können wir Lösungen für die kommenden Herausforderungen finden und uns gleichzeitig wieder als globaler Technologieführer behaupten. Und genau das müssen wir, um unseren Wohlstand auch für die Zukunft abzusichern.
Passen mehr Produkte „made in EU“ zu unseren Klimaschutzzielen?
Kürzlich ist eine Studie veröffentlicht worden, die sagt, dass bei einer europäischen Batterieproduktion für E-Autos 37 % weniger CO2 ausgestoßen würde als in China. Und wenn wir komplett auf erneuerbare Energie umstellen, wäre die Einsparung sogar bei über 60 %. Das zeigt auch, worum es eigentlich geht. Unsere klimatischen Probleme werden nicht kleiner, nur weil wir nicht bei uns in Europa produzieren. Im Gegenteil – wenn man sich anschaut, dass die EU für 16 % der Regenwaldabholzung verantwortlich ist und unter welchen Bedingungen unsere Produkte in anderen Teilen der Welt hergestellt werden, müssen wir endlich umdenken. Die EU hat eine globale Verantwortung, und der müssen wir uns stellen. Es geht nicht, dass wir uns selbst zum Klimaschutzweltmeister ernennen und gleichzeitig mit Handelsabkommen wie Mercosur die Umwelt ruinieren und bei uns verbotene Pestizide reimportieren.
Den Umgang mit Pestiziden hast du in den letzten Jahren konsequent kritisiert. Warum?
Weil wir da, ganz offen gesagt, ein echtes Problem haben. Wir wissen, dass 20 % aller Krebserkrankungen auf Umweltgifte wie Glyphosat und Co zurückzuführen sind. Bei 2,7 Millionen Krebserkrankungen jedes Jahr in ganz Europa ist das eine erschreckende Zahl. Es ist höchste Zeit, dass alle einsehen, dass alles, was wir in die Natur ausbringen auch wieder auf unseren Tellern landet – und da haben Umweltgifte absolut nichts verloren. Deshalb setze ich mich für eine europäische Forschungsstrategie für ökologische Pestizid-Alternativen ein. Wir brauchen Pflanzenschutzmittel, die weder unsere Natur noch unsere Gesundheit zerstören. Das ist eine Entwicklung, die wir nicht dem Markt überlassen dürfen, insbesondere wenn man bedenkt, dass die vier größten Saatguthersteller auch zwei Drittel des Pestizide-Marktes kontrollieren.
Was muss sich nach der EU-Wahl am 9. Juni ändern?
Wir brauchen endlich eine EU-Kommission, die zuerst auf die Bedürfnisse der Menschen und nicht auf die Profite der Konzerne schaut. Wir haben schon bei der Energiekrise und der daraus entstandenen Teuerungswelle gesehen, dass wir diesbezüglich von Von der Leyen nichts zu erwarten haben. Anstatt die Strom- und Gaspreise zu deckeln hat die EU nur zugeschaut, wie die Konzerne unglaubliche Gewinne gemacht haben, die wir alle zahlen mussten und noch immer zahlen müssen. Wir brauchen endlich eine Europäische Union, bei der die Menschen spüren, dass und wie sie für sie da ist. Das ist auch das beste Mittel, um den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Was können wir den Rechten entgegensetzen?
Mein Anspruch ist es, Europa zu verbessern, während andere es zerstören wollen. Die Alternative zu unserem gemeinsamen Europa sind 27 einzelne Nationalstaaten. Ein Geschenk für Russland, die USA oder China, die jeden Staat gegen den anderen ausspielen könnten. Das kann niemand von uns wollen. Wir brauchen eine starke EU, die zu ihren Grundwerten wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechten steht und sie nach innen und außen verteidigt. Und genau dafür muss die Sozialdemokratie gestärkt aus der EU-Wahl herausgehen.
Weckruf Corona
Gesellschaftliche Diagnosen für unser Leben nach der Pandemie
Um die Frage zu beantworten, wie es mit Europa nach der Pandemie weitergehen soll, benötigen wir eine breite Diskussion. Wir brauchen einen echten Blick über den Tellerrand. Dieses Buch will einen Beitrag dazu leisten, dass wir das Vorsorgedenken wieder ins Rampenlicht stellen. Nicht nur, um unsere Gesundheitssysteme zu stärken und besser auf die nächste Pandemie vorbereitet zu sein, sondern auch, um eine neue Sichtweise darauf zu entwickeln, was uns in unserer Gesellschaft wirklich etwas wert ist und worauf wir besonders achten müssen.
Dazu zählt auch die Bereitschaft zum Dialog, zur Zusammenarbeit und nicht zuletzt der Wille, auf die Argumente des jeweils anderen einzugehen.
Herausgeber: Günther Sidl, ISBN: 9 783200 086012
EUR 20,– (zzgl. Versandkosten), Erschienen 2022
Gastkommentar
Widersprüchlichkeit in der Sicherheitspolitik - weder glaubwürdig noch nützlich
„Neutralität so wie früher“ - so klingt der emotional erregte Grundakkord mancher Kreise in der SPÖ, vor allem der älteren Generation samt einiger Wissenschaftler, in sicherheitspolitischer Hinsicht. In der sicherheitspolitischen Debatte in Österreich neigt man dazu, die zentralen Fragen nicht zu stellen, diese beiseitezuschieben und als unrealistisch abzutun. Die Diskussion bleibt häufig auf sekundären oder tertiären Ebenen stecken, wie dem Anbieten guter Dienste oder von Verhandlungsfähigkeiten bei geografisch weit entfernten Krisen und Konflikten. Antwort auf die aktuellen primären Fragen geben sie jedoch nicht: Wie können Angriffe von gewaltbereiten Kräften von außen auf Österreich verhindert werden? Wie auf Europa?
Die Antworten auf drei Vor-Fragen müssen als Ausgangsbasis für jede informierte Diskussion zur Sicherheitspolitik akzeptiert werden, soll sie den Ansprüchen einer staatstragenden SPÖ entsprechen:
Was ist Kernaufgabe des Staates in sicherheitspolitischer Hinsicht?
Zweck der Sicherheitspolitik im engeren Sinn ist es, Bedrohungen und Gewaltanwendung durch Staaten, Staatengruppen oder gewaltbereite nichtstaatliche Organisationen von außen abzuwenden. Das Staatsziel Österreichs in der Europäischen Union dazu kann am klarsten mit „Frieden in demokratischer Freiheit“ beschrieben werden.
Was ist die gültige Gesetzeslage?
Die Republik kennzeichnet eine duale sicherheitspolitische Realverfassung: Ja, Österreich hat das Neutralitätsgesetz im Verfassungsrang 1955 beschlossen UND Österreich nimmt seit der Ratifizierung der jeweiligen EU-Verträge und des Beschlusses des Artikels 23j der Bundesverfassung vollinhaltlich an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) einschließlich „Kampfeinsätzen im Rahmen der Krisenbewältigung“ teil. Seit 25 Jahren ist das so, wurde jedoch in Gesellschaft, von einigen wenigen Wissenschaftlern und Teilen der Spitzenpolitik bisher weder ausreichend erfasst noch verinnerlicht.
Was sind die gegenwärtigen realen Umstände, das reale Handeln der Republik, wie sind die internationalen Umstände?
Klar ist, dass Sicherheit vor Gewaltanwendung von außen durch keinen EU-Mitgliedstaat alleine gewährleistet werden kann. So wie nahezu alle politischen und gesellschaftlichen Felder nicht mehr im nationalen Alleingang bewältigt werden können. Im Bereich der Fiskalunion, der Wirtschaft, bei Fragen des Klimas, der Energieversorgung, der Migration u.v.a. herrscht dabei Einigkeit unter allen rationalen Kräften. Österreich beteiligt sich folgerichtig am Eurocorps, einem international zusammensetzbaren Großverband im EU- oder NATO-Rahmen. Die EU-Truppe EUFOR in Bosnien und Herzegowina wurde 13 Jahre lang von österreichischen Offizieren geführt. Wesentliche Beteiligungen an EUFOR in Mali, an KFOR im Kosovo (NATO-geführt) beweisen unser Engagement in der GSVP und der NATO-Partnerschaft für den Frieden. Österreich unterhält eine Militärmission in Brüssel mit einer EU- und einer NATO-Abteilung, hat einen Leiter der Österreichischen Mission bei der NATO, der auch Botschafter im Königreich Belgien ist. Der Militärausschuss der Europäischen Union wird seit 20 Jahren durch ranghöchste österreichische Offiziere wesentlich mitgestaltet und geleitet. Wir sind also mittendrin statt nur dabei. Die GSVP hat in Europa hinsichtlich der Verteidigungsaufgabe in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten einen aktuell geringen Stellenwert. Dies ist der NATO-Mitgliedschaft von 85 % aller EU-Staaten, in denen 97 % aller EU-EinwohnerInnen leben, geschuldet. Für ein EU-Mitglied, das wie Österreich nicht NATO-Mitglied ist und sich in zentraler Lage in Europa befindet, ist die GSVP jedoch von grundsätzlicher Bedeutung. Es geht im Fall des Angriffes auf einen EU-Staat ums Eingemachte: Um die Verteidigung vor einer vitalen Bedrohung eines EU-Staates und somit der gesamten EU, also auch Österreichs. Die „irische Klausel“ im EU-Vertrag ermöglicht Österreich zwar die Verweigerung wesentlicher Beiträge, aber entbindet unser Land nicht per se von der Beistandsverpflichtung. Keineswegs unrealistisch sind Szenarien, in denen Österreich selbst zum Schauplatz von Angriffen wird, etwa durch Fernwaffen auf Hochwertziele. Was ist dann mit dem Artikel 42 (7), würde Österreich dann keinen Beistand – also Solidarität – der EU-Staaten einfordern?
Der zentrale sicherheitspolitische Handlungsrahmen für Österreich ist somit die EU.
Eine Prämisse für Analyse und Diskussion der Gestaltung der Sicherheitspolitik ist es daher, Österreich und die EU im Kontext zu verstehen. Dass eine Linie „Neutralität so wie früher“ nationalistische, isolationistische, unsolidarische und antieuropäische Ressentiments mehr zu fördern als einzudämmen in der Lage ist, zeigt ja nachgerade die Politik der FPÖ. All diese Attribute sind unsozialdemokratisch per se.
Erhalt oder Erreichung des Zieles „Friede in demokratischer Freiheit“ kann mit einem in sich widersprüchlichen und mit den Verpflichtungen aus der GSVP kollidierenden Neutralitätsverständnis nicht unterstützt werden. Das ausschließliche Beharren auf letzterem Teilaspekt der verfassungsgesetzlichen sicherheitspolitischen Situation Österreichs mutet an eine „moralische Selbstgewissheit“ an, die, wenn sie wissentlich in Kauf genommen wird, als unredlich qualifiziert werden muss. Zum „Kerneuropa“ gehört Österreich mit seinem unglaubwürdigen Spagat zwischen Neutralität und GSVP der EU in sicherheitspolitischer Hinsicht nicht mehr. Es würde einer Partei mit staatstragendem Anspruch wie der SPÖ gut anstehen, in der nächsten Legislaturperiode zu versuchen, die sich aus dieser politischen Doppelköpfigkeit ergebenden Widersprüche zu lösen, um die Kernaufgabe „Frieden in demokratischer Freiheit“ nachhaltig zu erfüllen.
Generalleutnant i. R.
Mag. Franz Reissner, MSc
2012-2022 Kommandant der Streitkräfte des Österreichischen Bundesheeres
Seit 1978 Mitglied im BSA, von 2000–2012 Vorsitzender des Verbandes sozialdemokratischer
Offiziere und BeamtInnen des BMLV im BSA
Politisch ist das System der heutigen Bauernvertreter nicht hinnehmbar. Die übermäßige Zuteilung von Fördermitteln an Großbetriebe mit großer Agrarfläche und einem hervorragenden Maschinenpark ist nicht die Zukunft der regionalen Landwirtschaft, wie es die SPÖ-Bäuerinnen und Bauern für Österreich verstehen. Es muss die Arbeitskraft in den Mittelpunkt gestellt werden. Also jene körperliche Leistung, ohne die ein bäuerlicher Familienbetrieb nicht existieren kann. Die regionale kleinflächige Struktur ist die Basis für Tourismus und Landschaftsgestaltung im modernen Sinn. Das muss gewürdigt werden. Familien, die ihre Beiträge zur regionalen Produktion leisten, können nicht mit der Agrarindustrie und dem Preisdruck aus dem Handel konkurrieren. Da sind auch wir Konsumenten:innen gefragt, das Feld dem Handel und der Agrarindustrie nicht alleine zu überlassen, weil unser Einkauf von Lebensmitteln in nur zehn Minuten absolviert werden muss.
Qualitätsprodukte bei Nahrungsmitteln sind in der heutigen Zeit ein wichtiger Faktor. Nur wer bestimmt die Qualität, und wer gestaltet die Preise? Wenn der Handel uns mit seinen eigenen Qualitätssiegeln Wertigkeit von Produkten suggeriert, ist höchste Vorsicht geboten. Wir erleben in letzter Zeit, dass es eine Vielzahl von diesen Qualitätssiegeln am Markt gibt. Praktisch jeden Tag kommt ein neues Wertekennzeichen dazu. Die Bauernschaft hat davon aber wenig. Es sind gerade diese großen Handelsketten und Verwerter von Agrarprodukten, die einen extremen Preisdruck auf die Produzenten ausüben. Gleichzeitig sind aber die Betriebsergebnisse dieser großen Handelsketten aus deren Sicht durchaus erfreulich.
Nun zu einigen Marktschlagworten. BIO ist in aller Munde, bei uns im südlichen Niederösterreich fahren inzwischen bereits Betonmischfahrzeuge den „Biobeton“ aus. BIO in der Landwirtschaft heißt im Allgemeinen Verzicht auf Einsatz von Kunstdünger und Verzicht auf chemische Spritzmittel. Konventionelle Landwirtschaft ist aber in der Produktqualität deshalb nicht schlechter. Es haben sich durch Richtlinien der EU die Rahmenbedingungen für Bio-Betriebe derartig verschlechtert, weil laufend neue administrative Hürden aufgebaut werden, dass es sich in manchen Produktionen gar nicht mehr lohnt, ein Biobetrieb zu sein. Auch hier ist wieder der Preisunterschied zwischen BIO und konventioneller Produktion maßgebend und benachteiligt kleine sowie mittlere Familienbetriebe, die sich einen großen Maschinenpark und hohe Investitionen gar nicht leisten können. Tierwohl ist für alle verantwortungsvollen Bäuerinnen und Bauern selbstverständlich. In jeder Branche gibt es „schwarze Schafe“, und denen das Handwerk zu legen, ist Aufgabe der Justiz. Die SPÖ-Agrarpolitiker:innen fordern daher mit Nachdruck, dass der konservative Ansatz vom „Wachsen und Weichen“ eingestellt wird. Jene, die nur mit Massenproduktion, hoher Maschinenkapazität und geringer körperlicher Arbeitskraft Nahrungsmittel herstellen, haben beim Fördertopf in Zukunft durch eine Deckelung der Förderhöhe eingeschränkt zu werden. Es gehört eine Preisregelung auf Grundnahrungsmittel eingeführt und die Regionalität sowie die Direktvermarktung verstärkt gefördert. Wer Direktvermarktung betreibt und sich am Markt ohne Einbindung der großen Handelsketten behaupten möchte, gehört entsprechend geschult, begleitet und in seinen Absichten bestärkt. Ob dies durch die derzeitige Struktur der Bauernvertreter gewährleistet ist, mag bezweifelt werden.
Ing. Heinrich Schwarz
Medien und Kommunikation
Webtipp: www.spoe-bauern.at
Kontakt: heinrich.schwarz@aon.at
Nachlese
„Europa nicht den Rechten überlassen!“
Der BSA NÖ veranstaltete am 17. Mai im historischen Blauen Salon des Palais Niederösterreich eine gut besuchte Podiumsdiskussion zum Thema „Europa nicht den Rechten überlassen! Warum wir eine humanistische, solidarische und ökologische EU brauchen“, an der die ehemalige Europaabgeordnete Bundesministerin a. D. Dr.in Hilde Hawlicek, die Landtagsabgeordnete Mag.a Karin Scheele (ehemalige Europaabgeordnete) und unser Spitzenkandidat für die EU-Wahlen Dr. Günther Sidl (Europaabgeordneter seit 2019) teilnahmen. Unter den Ehrengästen konnte auch unser Klubobmann im NÖ Landtag, Hannes Weninger, begrüßt werden.
Nachlese
Podiumsdiskussion „Rechts oder links“?
Viele Interessierte sind der Einladung des BSA Niederösterreich am 14. März nach St. Pölten in den Fest-saal der SPÖ Niederösterreich gefolgt, um gemeinsam zum Thema „Rechts oder links? Politikmodelle im Kampf um Hegemonie und Zukunftsgestaltung“ zu diskutieren. Landesvorsitzender und Kontrolllandesrat Mag. Sven Hergovich hat in seinen Eröffnungsworten die Bedeutung der inhaltlichen Ausrichtung von Politikmodellen hervorgehoben und die Wichtigkeit der Beschäftigung mit dieser Fragestellung betont. Durch Vorträge des Politik-wissenschafters Mag. Armin Puller, der einen Einblick in die Frage „Was ist heute links?“ gab und der Ökonomin Miriam Fuhrmann, MSc die eindrücklich vor der Aushöhlung des Sozialstaats warnte, wurden wertvolle inhaltliche Grundsteine und Denkanstöße für die folgenden Gespräche gelegt. In der anschließenden Podiumsdiskussion sprachen SPÖ-Landesgeschäftsführer MMag. Wolfgang Zwander, BSA-Landesvorsitzender Dr. Bernhard Müller, die Ökonomin Miriam Fuhrmann sowie Dr. Gerhard Weinberger, studierter Philosoph und Botschafter i. R., u. a. darüber, wie sich soziale Ideen in der Realpolitik umsetzen lassen. Die von Jessica Müller-Wallner, Bezirksbildungsvorsitzende St. Pölten, mode-rierte Diskussion lebte besonders von den unterschiedlichen Perspektiven und Blickwinkeln zur Frage nach den „richtigen“ Politikmodellen. An dem breiten Interesse der zahlreichen Gäste, die trotz langer Diskussion auch viele Fragen an die Expert:innen richteten, zeigte sich eindrucksvoll, wie wichtig der Kampf um Hegemonie und Zukunftsgestaltung ist – um Politik für die Vielen zu machen.
Nachlese
Ehrung langjähriger und verdienter Mitglieder
Am 18. April fanden im Zentralkino-Center von Wiener Neustadt die Ehrungen von langjährigen und verdienten Mitgliedern des BSA NÖ statt. Im Rahmen der Veranstaltung gab es ein umfassendes Kulturprogramm; u. a. eine Lesung der bekannten Schauspielerin, Regisseurin und Autorin Prof.in Konstanze Breitebner zum Thema „Solidarität – total retro – oder?“ und einen ansprechenden Musikblock mit Arbeiter-, Frauen sowie Revolutionsliedern von Klaus & Angelika. Unsere langjährigen Vorsitzenden Prof. Dr. Hannes Bauer (17 Jahre) und Dr. Günther Sidl (sieben Jahre) wurden mit der höchsten Auszeichnung unserer Landesorganisation, dem Emanuel Bialonczyk-Preis, entworfen und gestaltet vom bildenden Künstler Arch. Prof. DI Mag. Markus Grabenwöger, gewürdigt. Die Laudatio auf unseren „Johnny“ hielt niemand geringerer als BSA-Präsident Dr. Andreas Mailath-Pokorny. Freundschaftspflege, Wertschätzung und Anerkennung sind beim BSA NÖ keine Schlagworte, sondern integraler Bestandteil unseres Wirkens. Wir danken allen Ausgezeichneten für ihr großteils jahrzehntelanges Wirken und die Treue!