Vereinsgeschichte
UWV-Vereinsgeschichte (Vormals Freie Wähler bis 2012)
1. Freie Wählerveinigung von 1966 bis 1980
Als wir in der letztjährigen Jahreshauptversammlung darüber beratschlagten, ob wird ein 25-jähriges Vereinsjubiläum feiern wollen, gab es sofort Protest von Werner Reinecke unserem ältesten Mitglied. Die Freien Wähler seien schon viel älter als 25 Jahre und schon lange vor 1980 bei der Kommunalwahl mit einer eigenen Liste angetreten.
Und wo der Werner Reinecke recht hat, hat er recht. Nur, handelte es sich als die Freie Wählervereinigung 1966 zum erstenmal mit einer Kandidatenliste zur Marktgemeinderatswahl antrat, um ein lockeres Interessenbündnis von Bürgerinnen und Bürgern die sich keiner Parteien zugehörig fühlten und noch keine Vereinsorganisation hatten.
Die Liste der „Freien Wählervereinigung“ errang jedoch auf Anhieb vier von 16 Marktgemeinderatssitzen. Gewählt wurden Ernst Heilmann, der auch Dritter Bürgermeister wurde, und Jakob Wesner. Beide waren zuvor schon für die Liste „Glanzstoffsiedlung“ im Marktgemeinderat. Benno Müller, welcher zuvor für die Liste „Vereinigte Wählerschaft“ im Erlenbacher Rat war zog ebenfalls für die Freien in den Gemeinderat sowie der Neuling Ludwig Stegmann.
Sechs Jahre später, bei der Kommunalwahl 1972, das war die erste Kommunalwahl nach der Stadterhebung im Jahr 1970, konnten die „Freie Wählervereinigung“ erneut vier Gemeinderatssitze erringen, jedoch waren nun insgesamt 20 Stadtratssitze zu vergeben. Die CSU und die SPD hatten jeweils acht Stadtratssitze. Bei den Freien zogen wieder Ernst Heilmann, der erneut zum Dritten Bürgermeister gewählt wurde, Ludwig Stegmann und Benno Müller in den Gemeinderat ein. Als Neuling löste Hartmut Arzt das langjährig Gemeinderatsmitglied Jacob Wesner ab.
Auf Grund der Eingemeindung von Mechenhard am 1.1.1976 fanden im gleichen Jahr vorgezogenen Stadtratswahlen für eine Wahlperiode von gerade mal zwei Jahren statt. Auch bei dieser Wahl konnte die „Freie Wählervereinigung“ wieder ihre vier Sitze verteidigen. Neben den altbewährten Stadträten Ludwig Stegmann und Benno Müller zogen jedoch diesmal keine Neulinge sondern erfahrene Gemeinderäte in das Gremium ein. Frau Dr. Luyken war zuvor schon im Mechenharder Gemeinderat und Werner Reinecke war bereits zu dieser Zeit 16 Jahre im Gemeinderat und ein politisches Schwergewicht. Er wechselte von der SPD zu den Freien und damit auch sein Amt als 2. Bürgermeister. Es sollten die einzigen 2 Jahre werden, wo ein Freier das Amt des 2. Bürgermeisters in Erlenbach bekleidete. Bei der folgenden Kommunalwahl im Jahre 1978 büßte die Liste der „Freien Wählervereinigung“ erstmals ein Stadtratsmandat ein. Der Sitz von Benno Müller, welcher nicht mehr zur Wahl angetreten war, konnte nicht gehalten werden. Die CSU erhielt erstmals in Erlenbach mit elf Stadtratssitzen die absolute Mehrheit und Werner Reinecke wurde erstmals zum 3. Bürgermeister gewählt.
Die Besonderheit bei dieser Wahl war, dass jede Liste auf Grund der Eingemeindung von Mechenhard statt wie bisher 20 nun 40 Kandidaten aufstellen musste. Von den insgesamt 120 Kandidaten konnten jedoch nur 20 in den Stadtrat kommen. Einer von diesen Kandidaten war FW-Vereinsgeschichte auch ich. Mit 22 Jahren kandidierte ich zum erstenmal für den Stadtrat und verbuchte es schon als riesigen Erfolg, dass ich von meinem 29 Listenplatz auf den 13 Listenplatz vorgewählt wurde. Und jetzt raten Sie mal auf welcher Liste ich damals kandidierte. Sie werden es nicht glauben. Als parteipolitisch noch unentschlossener junger Mensch lag es nahe, dass ich auf der Liste der „Freien Wählervereinigung“ kandidierte.
2. Freie Wählervereinigung Erlenbach am Main e. V. von 1980 bis 2012
Am 12. Januar 1980 wurde der entscheidende Schritt in Richtung Vereinsgründung der Freien Wähler getan. Die 3 Stadträte der Freien hatten zu einem Informationsabend ins Gasthaus zur Linde eingeladen. Unter anderem berichtete Ludwig Stegmann über die Arbeit im Bauausschuss. Aus der Niederschrift dieses Abends geht hervor, dass Ludwig Stegmann die Ansicht vertrat, ich zitiere „dass etwas zuviel „Politik“ die Sacharbeit behindere“, Zitat Ende. Auf welche Entscheidung Ludwig Stegmann hierbei Bezug nahm verschweigt der Protokollführer allerdings.
Bei diesem Informationsabend war jedoch auch Herr Schwab aus Eschau, Mitglied des Landesverbandes der Freien Wählervereinigung eingeladen, welcher über die Notwendigkeit einer Vereinsgründung berichtete.
Ich zitiere wieder aus dem Protokoll: „Bisher wurden die „Freien“ erst kurz vor den Kommunalwahlen aktiv um nach der Wahl nur durch ihre Repräsentanten in den Kommunalparlamenten vertreten zu sein, was ihnen häufig den Vorwurf einbrachte, sie seien nur ein Kommunalwahlverein und hätten keine Langzeitperspektiven zu bieten.
Dieser möglicherweise nicht ganz unberechtigte Vorwurf der Bürger, die Kommunalpolitik von der großen Politik getrennt sehen möchten, führte zu der Überlegung einen Landesverband der freien und unabhängigen Wählergemeinschaften in Bayern zu gründen. Diese Gründung erfolgte im Mai 1978. Die Ziele dieses Verbandes sind, den Mitgliedern laufende Informationen über Kommunalpolitik zu geben und Organisationshilfe zu leisten, damit die Ziele der Freien: Größere Bürgernähe, mehr Offenheit, mit Beteiligung der Menschen an der Entscheidungsfindung über die Politik ihrer Gemeinde u. a. besser verwirklicht werden können, ohne parteipolitisch gebunden zu sein.“ Zitat Ende.
Es schloss sich wohl eine ausgiebige Diskussion über das Für und Wider einer Vereinsgründung an. Mit der Wahl eines geschäftsführenden Vorstandes, welcher die Gründung eines eingetragenen Vereins „Freie Wählervereinigung Erlenbach/Main“ vorbereiten sollte, wurden jedoch die Weichen eindeutig gestellt.
Fünf Monate später am 9.5.1980 erfolgte in einer Versammlung im Gasthaus „Zum Roß“, die Gründung unseres Ortsvereins, zu der als Hauptredner der Bürgermeister von Marktheidenfeld und Vorstand der Landesvereinigung Armin Grein eingeladen war. Ob er es damals wohl für möglich gehalten hätte, dass er 25 Jahre später wieder an gleicher Stelle als Festredner auftreten würde? Wir fühlen uns auf jeden Fall sehr geehrt, dass Landrat Armin Grein, als Landes- und Bundesvorsitzende der FW, trotz seiner zahlreichen Verpflichtungen heute zu unserem 25-jährigen Vereinsjubiläum, nach Erlenbach gekommen ist.
Armin Grein sagte damals „Politik im Sinne der Parteien passe nicht auf die Kommunalebene. Festzustellen sei, dass Gemeindeprobleme nichts mit politischen Grundsatzfragen zu tun hätten, sondern seien reine Sachaufgaben. Für die meisten Bürger seien Kommunalwahlen in erster Linie Persönlichkeitswahlen und nur für eine Minderheit reine Parteienwahl“.
Dem neu zu gründenden Verein gab er mit auf den Weg „hautnah an der Sache zu bleiben und den Kontakt mit den Bürgern zu pflegen, denn durch Zusammenarbeit mit den Bürgern werde Vertrauen erworben.“
Elf Bürgerinnen und Bürger erklärten daraufhin ihren Beitritt zu dem neuen Verein. Erster Vorsitzender des Vereins wurde Helmut Anschütz der 1986 nach Obernburg verzogen ist, Zweiter Vorsitzender wurde Erwin Wagner, der bis zu seinem Tote im letzten Jahr treues Mitglied unseres Vereins war und Dritter Vorsitzender und gleichzeitig Kassier wurde Werner Reinecke, ein Vollblutpolitiker der uns als einziges Gründungsmitglied bis heute die Treue hält. Als Geschäftsmann wusste er wie man mit Geld umzugehen hatte und sorgte für eine ordentliche Vereinskasse. Aber zu Werner Reinecke später noch mehr.
Albert Lang wurde zum Schriftführer gewählt. Beisitzer wurden Günter Scheven, der leider auch schon verstorben ist, und Walter Zöller, Kassenprüfer Dorothea Scheven und Oskar Ruppert. Weitere Gründungsmitglieder waren Ludwig Stegmann, Margret Anschütz und Heinz Bartels. Die Stadträtin Dr. Luyken war zu diesem Termin wohl verhindert, wurde aber kurze Zeit später ebenfalls Mitglied des Vereins.
In der Gründungsversammlung wurde die vorbereitete Satzung, der Beitritt zum Landesverband der FW und ein Mitgliedsbeitrag von 24 DM beschlossen. Der Verein war somit aus der Taufe gehoben und sollte eine recht wechselhafte Entwicklung durchleben.
Im Jahre 1983 schied Frau Dr. Luyken aus gesundheitlichen Gründen aus dem Stadtrat aus und für sie rückte Walter Zöller nach, welcher ebenfalls Erfahrungen aus dem Mechenharder Gemeinderat mitbrachte.
Zur Kommunalwahl 1984 ließen sich die Freien dann etwas besonderes einfallen. Im „Volksblatt“ vom 30.1.1984 ist in dicken Lettern nachzulesen „Mit Filmen aus dem Stadtgeschehen Bürger zu Wahlversammlungen locken.“ Auf diese Idee konnte nur einer kommen, nämlich der passionierte Hobbyfilmer Werner Reinecke, welcher zum Schluss der Wahlversammlungen seine Filme präsentierte. Als weiteres Highlight wurde ein Preisausschreiben durchgeführt bei dem der informierte Wähler gesucht wurde. Im Abstand von einer Woche mussten jeweils vier Fragen beantwortet werden z. B. Wie viele Erste und Zweite Vereinsvorstände stehen auf der Liste der Freien Wähler? Gar nicht so leicht zu beantworten oder? Aber dafür lockten auch attraktive Gewinne. Als ersten Preis gab es z. B. eine Luxus-Wochenendreise für zwei Personen nach München.
Die tollen Ideen der Freien wurden leider nicht genügend honoriert. Ihr Hauptwahlziel, die absolute Mehrheit einer Partei zu verhindern, damit sich Sachverstand gegen Fraktionsmehrheiten durchsetzen kann, wurde ausgerechnet bei dieser Wahl nicht erreicht.
Das im Vorfeld von den Freien Wählern stark kritisierte Auftreten der Jungen Union mit einer eigenen Liste verhalf der CSU zum zweiten mal zur absoluten Mehrheit im Stadtrat und kostete der Freien Wählervereinigung, ein zweites mal nach 1978, einen Sitz. Wiedergewählt wurden Werner Reinecke und Walter Zöller. Ludwig Stegmann hatte nach 18-jähriger Stadtratsarbeit auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Zum Dritten Bürgermeister wurde wieder Werner Reinecke gewählt.
1986 gab es dann den ersten Wechsel in der Führung des Vereins. Der Wegzug von Helmut Anschütz nach Obernburg bescherte dem unterbeschäftigten Werner Reinecke nun auch noch das Amt des Ersten Vorsitzenden. Den Posten des Schriftführers hatte er eh zwischenzeitlich schon übernommen und führte es auch zusätzlich weiter. Immerhin, das Amt des Kassier trat er an den Dritten Vorsitzenden Walter Zöller ab.
Ein Leserbrief von einem Herrn Dr. Fahn vom 29. November 1986 veranlasste den Ersten Vorsitzenden, selbigem einem Brief zu schreiben. Hierin nimmt er Stellung zu dessen Leserbrief und trifft unter anderem folgende Feststellung. Ich zitiere „Sehen Sie, man muss sich auskennen und wissen wie der Hase läuft, dann sieht manches anders aus“ Zitat Ende.
Um einen unnötigen Schriftwechsel bzw. Meinungsstreit vorzubeugen lädt Werner Reinecke den Leserbriefschreiber dann zu den Stammtischrunden der FW ein. Ein sehr geschickter Schachzug, wie wir gleich noch sehen werden.
Obwohl die FW bei der Bürgermeisterwahl 1988 grundsätzlich bereit waren den CSU Kandidaten Alois Kirchgässner zu unterstützen, wurden, wie man einer Gesprächsnotiz des Vorsitzenden entnehmen kann, auch Bedenken geäußert. Man befürchtete, dass dadurch bei der Bevölkerung die Meinung entstehen könnte, die Freien seien sowieso eine versteckte CSU. Dennoch rang man sich zu einer Unterstützung des CSU-Kandidaten durch. Dieser konnte jedoch seinen Amtsbonus von 24 Amtsjahren nicht mehr in einen Sieg umsetzen. Erlenbach hatte mit Dieter Schütte erstmals in seiner Geschichte einen SPD-Mann zum Bürgermeister gewählt.
Bei den Freien Wählern lief es zu dieser Zeit nicht so besonders gut. Eine für im November 1988 anberaumte Generalversammlung musste mangels Teilnahme im Januar 1989 erneut angesetzt werden. Nun zeigte sich, dass der Briefwechsel mit Dr. Fahn Früchte getragen und die Freien Wähler viel Hoffnung in ihn setzen konnten. Er wurde zum Senkrechtstarter und nur elf Tage nach seinem Beitritt zu den Freien zum Zweiten Vorsitzenden gewählt. Bereits ein Jahr später, bei der Kommunalwahl 1990, wurde er Spitzenkandidat der Erlenbacher Freien Wähler und gleichzeitig Landratskandidat der Freien. Der Verein erlebte in dieser Zeit mit acht Neueintritten eine regelrechte Mitgliederexplosion. Mit einem engagierten Wahlkampf und einem umfangreichen und detaillierten Wahlprogramm sollte endlich der Negativtrend der letzten Wahlen umgekehrt werden.
Aber wie so oft kam es leider anders als man denkt. Die FW mussten bei dieser Wahl mit 7,9% ihr schlechtestes Wahlergebnis hinnehmen. Hans Jürgen musste zur Kenntnis nehmen, dass es als politischer Neuling nicht so einfach ist das Vertrauen der Bürger zu erhalten.
Erneut machte sich, wie bei den vorhergegangenen Wahlen, der Kandidaturverzicht eines bewährten FW-Stadtrates stark bemerkbar und kostete wieder einen Stadtratssitz.
Werner Reinecke war nach 30 jähriger Stadtratszugehörigkeit nicht mehr zur Wahl angetreten. Auf Grund der neuen Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat, sowohl CSU als auch SPD erzielten 9 Sitze, kam dem einzigen verbliebenen Stadtrat der Freien Wähler, Walter Zöller, eine herausgehobene Bedeutung zu. Auch er wurde zum 3. Bürgermeister gewählt, hatte jedoch als Einzelkämpfer einen sehr schweren Stand. Bei den immer heftiger werdenden Auseinandersetzungen im Stadtrat wurde er oft zum Zünglein an der Waage.
Im selben Jahr übergab Werner Reinecke mit 68 Jahren die Vereinsführung in jüngere Hände.
Dr. Hans Jürgen Fahn wurde Erster Vorsitzender und sein Stellvertreter Walter Zöller. Für den neuen Vorsitzenden hatte die Öffentlichkeitsarbeit eine herausragende Bedeutung, so dass die Freien Wähler fortan regelmäßig in der Presse präsent waren. Die bereits geschilderte schwierige Situation des einzigen FW Stadtrates führte zu internen Konflikten und es gab sogar Vereinsaustritte. Als dann zum Ende des Jahres 1994 auch noch Walter Zöller den Verein verließ, verschärfte sich die Krise so sehr, dass sogar über die Auflösung des Vereins nachgedacht wurde. Die Freien Wähler waren zum erstenmal in ihrer Geschichte nicht mehr im Stadtrat vertreten.
Aber wie so oft wenn man am Abgrund steht werden enorme Energien frei. Mit einem riesigen Arbeitspensum und neuer Zuversicht wurde das für unmöglich gehaltene doch noch geschafft. Die für die Zulassung der FW-Liste zur Kommunalwahl 1996 benötigen 120 Unterstützungsunterschriften wurden gesammelt und tatsächlich 20 Kandidaten für die Liste gewonnen, welche von Karl Stegmann angeführt wurde. Wie schon in der Vergangenheit wurden auch diesmal außergewöhnliche Ideen umgesetzt. So wurden 3 große Plakatwände angemietet und zu „Kommunalen Meckerecken“ - auch „Klagemauern“ genannt - umfunktioniert auf welchen die Bürger Anregungen, Vorschläge und Kritikpunkte niederschreiben konnten.
Der Fleiß und das Engagement wurden diesmal belohnt. Die Freien Wähler erreichten 8,9% der Stimmen und verfehlten nur denkbar knapp mit 80 Stimmen das zweite Stadtratsmandat. So musste Karl Stegmann als Einzelkämpfer die Interessen der Freien in einem Stadtrat vertreten, in dem der CSU eine Stimme zur Mehrheit fehlte. Wieder waren die Freien Wähler das Zünglein an der Waage. Keine einfache Aufgabe für einen Stadtratsneuling. Dass übrigens die Freien Wähler in dieser Periode ausnahmsweise nicht den Dritten Bürgermeister stellten, lag daran weil sie selbst an dessen Abschaffung mitgewirkt hatten.
Auch im Vereinsvorstand gab es Veränderungen. Hans-Jürgen Fahn, zwischenzeitlich Kreis- und Bezirksvorsitzender sowie Fraktionsvorsitzender der Freien im Kreistag, musste entlastet werden. Sein Nachfolger wurde Ernst Roth und sein Stellvertreter Karl Stegmann. Der Verein hatte zu diesem Zeitpunkt zwölf Mitglieder. Durch den vorzeitigen Rücktritt von Bürgermeister Schütte fand die nächste Bürgermeisterwahl bereits 1999 statt, ein Jahr früher als geplant. Für die Freien Wähler galt es zu sondieren, mit welchem der Kandidaten man seine Ziele am ehesten durchsetzen könne. Dies führte dann dazu, dass der CSU Kandidat Michael Berninger auch Bürgermeisterkandidat der Freien Wähler wurde und die Bürgermeisterwahl gewann.
Die CSU verfügte somit mit dem Bürgermeister erneut über eine absolute Mehrheit im Erlenbacher Stadtrat.
In der Folge dieses Wahlkampfes erhielten die Freien Wähler unverhofft einen weiteren Stadtratssitz. Wolfgang Großmann, seit elf Jahren Mitglied des Stadtrates wechselte wie gut 25 Jahre zuvor Werner Reinecke, von der SPD zu den Freien Wählern. Dies sollte sich nicht als Nachteil erweisen. Im Vorfeld der Kommunalwahl 2002 erlebte der Verein eine zweite Mitgliederexplosion und hatte nun 21 Mitglieder, bis dato die höchste in der Vereinsgeschichte. In einer vorgezogenen Vorstandswahl am 29.11.2001 wurde als Nachfolger für den zurückgetretenen Ernst Roth, Dr. Werner Bernlöhr zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Da Erlenbach die Zehntausend-Einwohnergrenze überschritten hatte galt es statt bisher 20, nun 24 Kandidaten für die Liste der Freien zu gewinnen, was gar nicht so einfach war. Aber es herrschte eine ansteckende Aufbruchstimmung. Mit der tatkräftigen Unterstützung unseres umtriebigen Promotors, Hans-Dieter Winter, gelang es den Freien Wählern ihr bisher bestes Wahlergebnis seit der Vereinsgründung zu erzielen. Für die Freien Wähler zogen Karl Stegmann, Heinz Firmbach, Dr. Hans-Jürgen Fahn und Wolfgang Großmann in den Stadtrat.
Während die CSU ihre absolute Mehrheit verlor nahm das politische Gewicht der FW stark zu. Wolfgang Großmann wurde infolge dessen auch zum Dritten Bürgermeisters gewählt und übernahm gleichzeitig das Amt des Fraktionsvorsitzenden.
Bereits ein Jahr später gab es bei den Freien ein größeres Stühlerücken. Für den erkrankten Karl Stegmann rückte Albert Waigand in den Stadtrat nach. Nach dem Werner Bernlöhr auf eine erneute Kandidatur als Erster Vorsitzender verzichtet hatte, wurde Wolfgang Großmann in diese Amt gewählt und Heinz Firmbach wurde Fraktionsvorsitzender. Zu Weihnachten 2003 erschien zum erstenmal „Im Blick“ das neue Informationsblatt der Freien. In der Beilage dieser Ausgabe befand sich eine Bürgerbefragung, getreu unserem Motto bürgernah und offen. Mit dem neuen Infoblatt soll der Blick des Bürgers auf die Aktivitäten der Freien und die Probleme der Stadt gerichtet werden.
Zu einer weiteren Ausgabe kam es bisher jedoch noch nicht. Die Bürgermeisterwahl 2005 stand vor der Tür und sollte überraschender Weise zu einem großen Prüfstein für die neue Truppe werden. Es galt die Frage zu klären, ob man erneut wie 1999 Michael Berninger den CSU-Kandidaten unterstützen oder sich neutral verhalten sollte. Nach heftigen Diskussionen in mehreren Mitgliederversammlungen gab es dann doch eine Einigung. Die Freien Wähler entschieden sich dafür neutral zu bleiben. Bürgermeister Berninger hat dies nicht geschadet, er gewann die Wahl souverän.
Somit bin ich in der Gegenwart angelangt. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist eingeschlummerte Erinnerungen wieder zu wecken, ohne dass Sie dabei eingeschlafen sind und wenn es mir geglückt ist das ein oder andere „ach so war das damals“ bei ihnen hervorzurufen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Mein Vereinsrückblick neigt sich dem Ende. Die Geschichte der Freien Wähler jedoch ist noch lange nicht zu Ende. Die Ziele unserer Gründungsmitglieder, Bürgernähe, Offenheit, Parteiunabhängigkeit sind heute aktueller denn je. Die Freien Wähler von Erlenbach sind auf dem richtigen Weg und werden sich sehr anstrengen auch in Zukunft, zum Wohl unserer Heimatgemeinde erfolgreiche Arbeit zu leisten.
Ich bedanke mich für Ihre Geduld und ihre Aufmerksamkeit.
3. Unabhängiger Wählerverein Erlenbach e. V. seit 2012
Paukenschlag bei den Freien Wählern
Ortsverein gibt sich neuen Namen –
Austritt aus Landes- und Bezirksverband beschlossen
In der Jahreshauptversammlung am 12.6.2012 haben die Freien Wähler Erlenbach ihren Ausstieg aus dem Landes- und Bezirksverband beschlossen. Die Entscheidung fiel mit überwältigender Mehrheit der Mitglieder. „Unsere Mitglieder wollen damit ihre Unzufriedenheit und ihre Missbilligung darüber zum Ausdruck bringen, dass unter dem Dach und dem Namen der Freien Wähler eine Partei gegründet wurde“, so Stadtrat Michael Pfeffer. Der Ursprungsgedanke, in Städten und Gemeinden ohne Parteiabhängigkeit sachorientierte Politik zu machen, sei damit nicht mehr gegeben.
Politische Parteien seien wichtige Organisationen zur Meinungsbildung auf der Landes- und Bundesebene. Anders als auf örtlicher Ebene seien die zur Wahl antretenden Personen den Wählern wenig bekannt. Sie brächten aber jeweils eine politische Grundausrichtung durch ihre Zugehörigkeit zu einer Partei zum Ausdruck. Hierdurch wisse der Wähler, welche politische Richtung er mit seiner Stimme unterstütze.
Diese politische Richtung fehle der Partei der Freien Wähler völlig. Wer bei der Bundestagswahl diese Partei unterstütze wisse nicht, welche Meinung die von ihm Gewählten hätten. „Das ist nicht sinnvoll und der Demokratie nicht zuträglich“ meinte Pfeffer, „Für uns besteht das Risiko, dass Bürger die von uns nicht unterstützte Partei wählen, weil sie denken, wir vertreten deren politische Ziele. Vor einen solchen Karren wollen wir uns nicht spannen lassen“.
Diese Meinung vertrat der weit überwiegende Teil der Mitglieder bei der Versammlung. Wie der Vereinsvorsitzende Wolfgang Großmann berichtete, hätten schon zwei Mitglieder dem Verein den Rücken gekehrt, wegen der Neuausrichtung der Freien Wähler zur Partei. „In unserer Satzung steht, dass wir uns für eine parteiunabhängige Kommunalpolitik zum Wohle der Erlenbacher Bürger engagieren wollen. Damit stehen wir im Gegensatz zu den Zielen der Partei der Freien Wähler, welche sowohl auf Europa-, Bundes- und Landesebene aktiv ist. Um uns hiervon deutlich abzugrenzen, kommen wir um eine Änderung unseres Vereinsnamens nicht herum, so Großmann“.
Michael Becker befürchtete, ohne klare Distanzierung von der derzeitigen politischen Entwicklung der Freien Wähler würden die Mitglieder der Ortsvereine ohne ihren Willen auch bundespolitisch festgelegt, obwohl sie nur auf Ortsebene Einfluss nehmen wollten.
Rudi Zöller merkte an, dass er sich lediglich für die Kommunalpolitik engagieren wollte, ohne jede parteipolitische Bindung. Die politische Diskussionskultur der Freien Wähler werde dadurch verschlechtert, dass man jetzt mit Parteipolitikern in Verbindung gebracht werde, befürchtete er.
Sehr verärgert zeigte sich Stadtrat Heinz Firmbach darüber, dass nur eine kleine Minderheit der Freien Wähler die Entscheidung über die Parteigründung getroffen habe. Nur rund 3.000 Mitglieder in Bayern haben über die politische Zukunft von über 40.000 Mitgliedern entschieden. „Das ist höchst undemokratisch. Ich fühle mich benutzt. Der Punkt ist erreicht, an dem man den Bruch herbeiführen muss“, so Firmbach.
Stadtrat Albert Waigand wies darauf hin, dass der Ortsverein jetzt gezwungen wird, durch ein neues Erscheinungsbild nach außen einen Teil seiner Identität preiszugeben. Der Austritt aus Landes- und Bezirksverband bedeute, dass das bisherige Logo der Freien Wähler Erlenbach a. Main nicht mehr verwendet werden dürfe. Die Marke „Freie Wähler“ sei benutzt worden, um etwas zu tun, was ursprünglich den Freien Wählern fremd gewesen sei – nämlich Parteipolitik. „Eigentlich wäre wenigstens zu erwarten gewesen, dass die Bundespartei selbst mit neuem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit auftritt“, so Waigand.
Bei einer Gegenstimme beschlossen die Mitglieder auch die Änderung des Vereinsnamens. Der Ortsverein soll künftig „Unabhängiger Wählerverein Erlenbach e. V. (UWV)“ heißen. Das alte Vereinslogo soll durch ein neues ersetzt werden.
In seinem Tätigkeitsbericht hob der Vereinsvorsitzende Großmann die engagierte Arbeit der Stadtratsfraktion hervor. So habe man deutlich gemacht, dass die alljährliche Haushaltsplanung unter dem Deckmantel der kaufmännischen Vorsicht eine Mogelpackung sei. Die jährlich wiederkehrenden positiven Jahresabschlüsse in Millionenhöhe beruhten nicht auf Einsparungen sondern auf Ausgabenverschiebungen ins Folgejahr. Im Verfahren um die Verlegung der 110 KV Hochspannungsleitung aus dem Ortsgebiet heraus, habe man sich dafür eingesetzt, dass zum Schutze der Bürger eine unterirdische Kabelverlegung auf der neuen Trasse erfolgen soll. Auch freue man sich darüber, dass eines der Wahlziele „Die Errichtung eines behindertengerechten Zugangs zum Rathaus“ auf den Weg gebracht worden sei. Besonders bedankte sich Großmann bei Heinz Firmbach, welcher mit großem Einsatz die Fraktion fast 9 Jahre lang geführt habe und überreichte ein Weinpräsent. Dem neuen Fraktionsvorsitzenden Michael Pfeffer wünschte er viel Erfolg.
Bei der turnusmäßigen Neuwahl des Vereinsvorstandes wurden alle bisherigen Vorstandsmitglieder einstimmig wiedergewählt.
15.06.2012
Michael Pfeffer
Pressesprecher der UWV Erlenbach a. Main