Dringlich gesucht:
Schnap-Hanen, Strassenräuber und Landdiebe Orden
Der schwedische General-Auditeur Abraham Reinhard in Lübeck
Ein Bericht aus dem ehrwürdigen Rath zu Lübeck – verfasst von dem hochlöblichen Rathsherrn Dr. Hinricus Petrus Butenschön
Im Jahre des Herrn 1645
Konterfei Dr. Hinricus Petrus Butenschön, Foto ©: N. Hinrichsen
Seit je her lag unsere ehrwürdige Hansestadt Lübeck wie auch unser nächster Hansepartner Hamburg im Abwehrkampf gegen das Königreich Dänemark; zum Beginn des 17. Jahrhunderts zunächst auch gegen das aufstrebende Königreich Schweden: Stets galt es, Handelsprivilegien mit den Ostseemächten auszuhandeln und die Freiheit der Seewege für unsere Handelsflotten zu verteidigen. Doch während sich die Beziehungen Schwedens zu Lübeck seit dem Regierungsantritt Gustav II. Adolfs im Jahre des Herrn 1611 besserten, wurde des Verhältnis zu Dänemark durch den dänischen Einfall nach Norddeutschland 1626 immer kritischer. Wir Lübecker (wie auch der hochlöbliche Rath der hochmögenden Hansestadt Hamburg) bestanden während der Dauer des gesamten vermaledeiten großen Krieges auf unserer Unabhängigkeit und selbstverständlich vertraten wir mit demselben Bedacht eine kluge Neutralitätspolitik, die uns zwar nicht vor Zahlungen zur Anerkennung unserer Neutralität verschonte, mit der wir jedoch etwaige Belagerungen oder gar Besatzungen erfolgreich verhindern konnten. Entscheidender als unsere Neutralität war für sämtliche außen- und innenpolitischen Kriegsparteien jedoch der Wert unserer Handelsmetropolen mit unseren weitverzweigten hochmögenden Handelsbeziehungen über unsere internationalen Häfen: Letztlich waren ja alle kriegführenden Mächte auf ungestörten Handelsbeziehungen bedacht: Unsere Warenströme mit landwirtschaftlichen Produkten, Lebensmitteln, Rohstoffen sowie Halb- und Fertigwaren, insbesondere aber beim Im- und Export von Waffen, Rüstungen und Munition waren für jede Streitmacht stets kriegswichtig – und selbstverständlich konnten nicht zuletzt auch wir hochweisen und wohlgelehrten Lübecker davon trefflich profitieren!
Lübeck im 17. Jahrhundert (Kupferstich, Merian ©: Wikimedia Commons)
Bei all den gewinnbringenden Geschäften, die wir ehrenhaften und gottgefälligen Lübecker und Hamburger Kaufleute noch während der zurückliegenden Jahre des großen Krieges machten und auf die neben den außen- und innenpolitischen Kriegsparteien natürlich auch die schwedischen Truppen mit ihrem enormen Versorgungsbedarf angewiesen waren, schmerzte es natürlich besonders, als die Handelswege zwischen unseren Metropolen im Holsteinischen unter Beschuss von ehrlosen Straßenräubern und schändlichen Landdieben gerieten: Wichtige Nachrichten, kostbare Handelswaren und gar ganze Ochsendriften gelangten besonders seit dem Einfall der Schweden in Holstein 1643 a. D. immer wieder in die Gewalt von maroden Räuberbanden. So bestand dringlicher Handlungsbedarf, diese bestialischen Gewaltnester wider den christlichen Handel auszuheben und den gottlosen Teufels-Banden das Handwerk zu legen!
Audienzsaal im Lübecker Rathaus, 1626, Ölgemälde von Hans van Hemßen. (Abb. ©: Wikimedia Commons / Museum für Kunst- und Kulturgeschichte Lübeck, St. Annen-Museum)
Umso erfreulicher die Nachricht, dass es den Schweden im Frühjahr 1645 gelang, eine dieser marodierenden Bauernhorden auf den Handelswegen zwischen Lübeck und Hamburg dingfest zu machen und nach einer peinlichen Befragung – vollauf gemäß Recht und Gesetz – für alle Zeiten auf Erden unschädlich zu machen ...
Der schwedische General-Auditeur Abraham Reinhard instruiert den Lübecker Rathsherrn Dr. Hinricus Petrus Butenschön im Erdgeschoss-Gewölbe des Lübecker Rathauses / unter der Kriegsstube Richtung Langes Haus im Norden, Fotos [M] ©: N. Hinrichsen
Mit seinem hochlöblich zur Nachricht und zu Papier gebrachten und publicierten „Kurzen und wahrhaftigen Bericht, Wer der Schnap-Hanen, Strassenräuber und Landdiebe Orden in Holstein 1644 gestiftet, und auf die Beine gebracht, wie sie verpfleget, mit Kraut und Lot versehen, (...)“ beehrte uns der hochlöbliche schwedische General-Auditeur Abraham Reinhard nach seiner Audienz vor dem edlen wohlbesten und großachtbaren Hamburger Bürgermeistern, Syndici und Rathsverwandten auch in Lübeck, um uns Lübecker Rathsherren, Maecenaten und mächtigen Patronen den rechten Umgang mit besagten Strassenräubern zu decidieren und zu offirirn. Selbstverständlich acceptierten und aßsocirten wir der Abstrafung der Teufels-Rotten und gaben an, im Interesse freier Commercien ebenfalls zu examinieren.
Rathsherr zu Lübeck: Dr. Hinricus Petrus Butenschön, Foto ©: N. Hinrichsen
Also habe ich nicht unrathsam befunden, diesen Bericht communicieren und offerieren zu lassen, damit man auf Mittel und Wege bedacht wäre, Handelsstraßen zu versichern, und da man Etliche ermächtigt würden, hier als in einem Catalogo sehen möchte, werden diese meine Wohlmeinung hoffentlich nicht improbiren, besonders meine Wenigkeit ihrem Patrocinio includiren, und mit beherzlichem Favor complectiren, hiermit zu allen gewünschten glücklichen Wohlergehen, göttlicher Manutenentz trewlich empfehlend
Dr. Hinricus Petrus Butenschön – Rathsherr, Syndicus und Mercator der Freien Hansestadt zu Lübeck
