Elektrosmog ist ein kontroverses Thema. Viele Leute haben dazu sehr unterschiedliche Gefühle und Meinungen. Darauf einzugehen und gleichzeitig die komplizierte, wissenschaftliche Lage darzustellen war gar nicht so einfach, deshalb ist diese Quellenliste extralang und ausführlich – sagt nicht, wir hätten euch nicht gewarnt.
Das Abwägen fing übrigens schon beim Namen des Videos an: bei Elektro”smog” schwingt gleich eine Verschmutzung durch elektromagnetische Strahlung mit, das ist also bereits ein sehr wertender Begriff. Das neutrale Synonym wäre “elektromagnetische Strahlenbelastung” und darüber reden wir in diesem Video eigentlich – aber darunter kann man sich eben weniger vorstellen, während die meisten Leute schon mal von Elektrosmog gehört haben.
Wir möchten uns bei der Informationsplattform EMF-Portal der RWTH Aachen für ihren Input bedanken.
Elektrosmog – Quellen:
– Elektrischer Strom ist die Bewegung elektrischer Ladungen.
#Elektrischer Strom, Lexikon der Physik
https://www.spektrum.de/lexikon/physik/elektrischer-strom/3956
– Verschiedene Bereiche des elektromagnetischen Spektrums entsprechen verschiedenen Arten von Strahlung.
Elektromagnetische Strahlung ist seit jeher allgegenwärtig. Den größten Teil der Strahlung, die auf uns einwirkt macht dabei die Sonne aus. Sonnenstrahlen sind aber nur ein kleiner Teil des elektromagnetischen Spektrums.
Das Bild zeigt das komplette elektromagnetische Spektrum. In der Mitte befinden sich die Farben, die wir mit bloßem Auge erkennen können. Der Rest des Spektrums ist für das menschliche Auge nicht sichtbar.
Links ist die Strahlung mit den kürzesten Wellen, rechts die mit den längsten Wellen. Je kürzer die Wellen, beziehungsweise je höher die Frequenz der Wellen, desto energiereicher ist die Strahlung und desto eher kann sie tatsächlich Schaden anrichten.
– Sehr kurzwellige Strahlung wie UV-Licht, Röntgenstrahlung und Gammastrahlung kann Atomen ihre Elektronen entreißen und dadurch Verbrennungen und Erbgutschäden verursachen.
Sind die elektromagnetischen Wellen kürzer als ca. 250 Nanometer (also links des Lichtspektrums) sind sie so energiegeladen, dass sie Elektronen aus Atomen reißen können. Dann nennt man sie ionisierende Strahlung. Diese Strahlung kann durchaus schädlich für den Menschen sein, da sie das Erbgut verändern und die Zellen beschädigen kann.
#Ionisierende Strahlung, Bundesamt für Strahlenschutz
http://www.bfs.de/DE/themen/ion/ion_node.html
– Das restliche Spektrum umfasst sehr viele Arten von langwelliger Strahlung, vom sichtbaren Licht über Infrarotlicht bis zu Mikro- und Radiowellen.
Sämtliche Strahlung mit einer Wellenlänge länger als 250 Nanometer ist nicht dazu in der Lage, Erbgut und Zellen zu beschädigen. Sie wird nicht-ionisierende Strahlung genannt.
#Elektromagnetisches Spektrum, Lexikon der Physik
https://www.spektrum.de/lexikon/physik/elektromagnetisches-spektrum/4054
#Nicht ionisierende Strahlung, Bundesamt für Strahlenschutz
https://www.bfs.de/SharedDocs/Glossareintraege/DE/N/nichtionisierende-strahlung.html?view=renderHelp
– Allerdings kann bestimmte Strahlung Muskeln und Nerven stimulieren und Körperhaare zum Vibrieren bringen, was sich oberhalb bestimmter Schwellenwerte als leichtes Kribbeln bemerkbar machen kann.
#Nachgewiesene Wirkungen niederfrequenter Felder, Bundesamt für Strahlenschutz
#Elektromagnetische Felder im Alltag, Landesanstalt für Umwelt Baden–Württemberg, 2017
http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/13758/
#Niederfrequenz, EMF–Portal
https://www.emf-portal.org/de/cms/page/home/effects/low-frequency
– Mikrowellen versetzen die Wassermoleküle in unserem Essen in Bewegung und erwärmen es dadurch.
Genau genommen wirken Mikrowellen auch auf andere Moleküle, bei Wassermolekülen funktioniert der Effekt aber besonders gut, da sie besonders geladen sind. Das Sauerstoffatom hat eine negative Ladung, die beiden Wasserstoffatome eine positive. Deshalb dreht sich das Molekül mit der Richtung der Feldstärke der Mikrowellenstrahlung. Da die ständig wechselt, wechseln auch die Wassermoleküle permanent ihre Ausrichtung, wodurch Wärme entsteht.
Falls ihr etwas mehr darüber erfahren wollt, wie Mikrowellen funktionieren, schaut euch doch das Video von MaiLab zu dem Thema an:
https://www.youtube.com/watch?v=f8BSchIv7a0&t=315s
#Hochfrequente elektromagnetische Felder im Haushalt:Mikrowellengeräte, Bundesamt für Strahlenschutz, 2012
– Die Angst vor möglichen Gesundheitsschäden kam erstmals auf als 1979 eine Studie Wohnen in der Nähe von Hochspannungsleitungen mit Leukämie in Verbindung brachte. Allerdings wurde diese Studie sofort diskreditiert: Die Verbindung konnte nicht erklärt werden und es konnte kein Kausalzusammenhang bestätigt werden.
Die Studie von Wertheimer und Leeper war die erste, die ein erhöhtes Krebsrisiko im Zusammenhang mit elektromagnetischer Strahlung feststellte. Untersucht wurden dabei verschiedene Arten von Krebs im Kindesalter, unter anderem Leukämie, Hirntumore und Lymphome.
# Electrical wiring configurations and childhood cancer, in American Journal of Epidemiology, Volume 109, Issue 3, 1 March 1979, Pages 273–284,
https://academic.oup.com/aje/article/109/3/273/110012
Das Ergebnis der Studie wies darauf hin, dass die Wohnungen von an Leukämie erkrankten Kindern häufiger in der Nähe von Hochspannungsleitungen lagen. Eine Erklärung für die Befunde konnten die Autoren allerdings nicht liefern und der Studie wurden schnell methodologische Fehler vorgeworfen. Trotzdem wurden in der darauffolgenden Zeit eine Reihe von weiteren Studien zu dem Thema durchgeführt, wie diese Studie aus Großbritannien.
#Residential distance at birth from overhead high-voltage powerlines: childhood cancer risk in Britain 1962–2008, 2014
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3950865/
In der Studie konnten sich rein rechnerisch in den 1970er und 1980er Jahren ein erhöhtes Risiko finden lassen, allerdings nicht in den 1990er und 2000er Jahren. Betrachtet man also den gesamten Zeitraum, wurde kein erhöhtes Erkrankungsrisiko festgestellt. Die Wissenschaftler folgerten deshalb, dass es unwahrscheinlich ist, dass Hochspannungsleitungen zu einem erhöhten Leukämierisiko für Kinder führen könnten.
Eine ausführlichere Zusammenfassung der Studie bietet der deutsche Krebsinformationsdienst:
#Hochspannungsleitungen: Leukämierisiko bei Kindern nicht erhöht, 2014
www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2014/news11.php
Die allermeisten Studien konnten die Aussage von Wertheimer und Leeper nicht bekräftigen.
#Gesundheitliche Risiken durch die niederfrequenten Felder der Stromversorgung – Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und offene Fragen, 2013
– Viele Menschen geben an, dass sie sensibel auf Strahlung von Geräten und Handys reagieren.
#Ergänzende Informationen über Elektrosensible, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2006
#Electromagnetic fields and public health, WHO, 2005
https://www.who.int/peh-emf/publications/facts/fs296/en/
– Sie berichten von Symptomen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Hautirritationen, brennenden Augen und Erschöpfung.
#Untersuchung des Phänomens „Elektrosensibilität“ mittels einer epidemiologischen Studie an „elektrosensiblen“ Patienten einschließlich der Erfassung klinischer Parameter, 2008
http://www.emf-forschungsprogramm.de/forschung/biologie/biologie_abges/bio_015_AB.pdf
# Electromagnetic hypersensitivity, WHO, 2005
https://www.who.int/peh-emf/publications/facts/fs296/en/
– Ein paar Studien haben noch Schlimmeres festgestellt. Wie einen Hinweis auf eine Verbindung zwischen der Seite auf der viel mit dem Handy telefoniert wurde und dem Auftreten von Hirntumoren.
Ein Beispiel für großangelegte Studien, die einen Zusammenhang von Tumoren und Handynutzung herstellen konnten, ist die INTERPHONE-Studie. Dabei wurden 4 Jahre lang über 5.000 Patienten mit Hirntumoren nach ihrer Handynutzung befragt. Untersucht wurden zwei Arten: Gliome (Tumore im Zentralnervensystem des Gehirns) und Meningeome (Meist gutartige Tumore in der Hirnhautschicht) – beides sehr seltene Formen von Krebserkrankungen.
Das Ergebnis der Studie:
Bei einer durchschnittlichen Nutzung konnte kein erhöhtes Risiko festgestellt werden. Allerdings wurde bei erkrankten intensiven Handy-Nutzern eine erhöhte Häufigkeit von Gliomen (40%) und Meningeomen (15%) beobachtet.
Merkwürdigerweise hatten regelmäßige Mobilfunknutzer sogar ein 20 % niedrigeres Krebsrisiko gegenüber dem Durchschnitt. Die Autoren der Studie erklärten diesen Befund damit, dass es durchaus zu einer statistischen Ungenauigkeit kommen kann. Statistische Ungenauigkeiten könnten demnach aber auch bei den anderen Ergebnissen der Studie aufgetreten sein. Wie aussagekräftig die Studie war ist also zweifelhaft.
#Press-Release of the WHO, Interphone study reports on mobile phone use and brain cancer risk, 2010
https://www.iarc.fr/wp-content/uploads/2018/07/pr200_E.pdf
#Brain tumour risk in relation to mobile telephone use: results of the INTERPHONE international case–control study, 2010
https://academic.oup.com/ije/article/39/3/675/631387
So hat das Bundesamtes für Strahlenschutz die Studie bewertet:
#INTERPHONE-Studie findet kein erhöhtes Tumorrisiko durch Handynutzung – BfS rät weiterhin zur Vorsorge, Bundesamt für Strahlenschutz, 2011
http://www.bfs.de/DE/themen/emf/mobilfunk/berichte/interphone/interphone_node.html
In einer Vergleichsstudie zwei Jahre später konnte kein erhöhtes Krebsrisiko durch Mobilfunkstrahlung nachgewiesen werden.
#Mobile phone use and glioma risk: comparison of epidemiological study results with incidence trends in the United States, 2012
– Es ist bereits bekannt, dass beispielsweise Röntgenstrahlen unmittelbar das Erbgut schädigen, während dasselbe mit Radiowellen nicht passiert.
Röntgenstrahlung ist ionisierende Strahlung. Das bedeutet, sie ist so energiegeladen, dass sie Elektronen vom Atomkern lösen kann. Dadurch kann Erbgut beschädigt werden und Krebserkrankungen auftreten. Radiowellen transportieren dazu nicht genug Energie. Man nennt Radiowellen deshalb nicht-ionisierend.
Das haben wir schon weiter oben unter dem zweiten und dritten Punkt ausführlicher erklärt.
– Viele der häufig zitierten Studien, die Panik vor elektromagnetischer Strahlung verbreitet haben, sind höchst kontrovers: Zum Beispiel basiert eine Reihe von Bevölkerungsstudien auf Fragebögen und Selbsteinschätzungen.
Die Teilnehmer der INTERPHONE-Studie z.B. wurden detailliert nach ihrer Handynutzung der vergangenen Jahre befragt. Unter anderem wurde gefragt, wie oft und wie lange man am Tag telefoniert, auf welche Kopfseite man das Telefon hielt und welche Art von Technik man benutzt hat.
Das Erinnerungsvermögen der Studienteilnehmer ist aber keine ausreichende Grundlage für wissenschaftliche Ergebnisse. Deshalb haben die Wissenschaftler diese subjektiven Aussagen mit Angaben der Netzbetreiber zur Nutzungsdauer der Teilnehmer verglichen. Kritiker werfen der Studie trotzdem vor, dass sie zu stark auf dem subjektiven Erinnerungsvermögen der Teilnehmer beruhe.
# Press-Release of the WHO, Interphone study reports on mobile phone use and brain cancer risk, 2010
https://www.iarc.fr/wp-content/uploads/2018/07/pr200_E.pdf
#Critique of “Risk of Brain Tumors from Wireless Phone Use”, 2011
https://sciencebasedmedicine.org/critique-of-risk-of-brain-tumors-from-wireless-phone-use/
#Brain tumour risk in relation to mobile telephone use: results of the INTERPHONE international case-control study, EMF–Portal, 2010
https://www.emf-portal.org/de/article/18215
#Interphone-Studie: Viel Aufwand für – letztlich – wenig Ertrag, 2010
https://www.aerzteblatt.de/archiv/76343/Interphone-Studie-Viel-Aufwand-fuer-letztlich-wenig-Ertrag
– Dazu kommt noch, dass sich manche Studien und Medienberichte die Ergebnisse passend zu ihrer Meinung und ihren Headlines rauspicken.
Besonders kritisiert wurde z.B. der erste Bioinitiative-Report von 2007. Der zweite Bioinitiative-Report von 2012 ist allerdings kaum auf diese Kritik eingegangen. In beiden werden einige hundert Studien zum Thema elektromagnetische Strahlung und Gesundheitsrisiken analysiert und zusammengetragen. Hauptkritikpunkt war, dass bewusst Studien ausgewählt wurden, die zum Ergebnis kommen, elektromagnetische Strahlung sei schädlich. Zum Beispiel wurden einige relevante Studien, die keinen Zusammenhang nachweisen konnten nicht erwähnt. Dafür wurden einige Studien, die ein erhöhtes Risiko feststellen konnten, aufgenommen, obwohl sie von keiner unabhängigen, wissenschaftlichen Gruppe begutachtet wurden (keine Peer-Review durchlaufen haben).
#Das erste Kapitel des Reports der Bioinitiative: eine Zusammenfassung für die Öffentlichkeit, 2007
https://www.gigaherz.ch/media/PDF_1/bioinitiative-zusfass.pdf
# Bioinitiative 2012 – A Rationale for biologically-based exposure standards for low-intensity electromagnetic radiation, 2012
http://www.bioinitiative.org/conclusions/
https://www.bioinitiative.org/table-of-contents/
Einschätzung des Bundesamtes für Strahlenschutz:
#Stellungnahme zum “Bioinitiative Report”, 2019
http://www.bfs.de/DE/themen/emf/berichte/bioinitiative/bioinitiative_node.html
Auch der renommierte Experte für nicht-ionisierende Strahlung Luc Verschaeve hat den Bioinitiative-Bericht beurteilt. Nach seiner Einschätzung seien einige Schlussfolgerungen des Reports zu kurz gekommen und übertrieben dargestellt worden. Luc Verschaeven kritisierte außerdem die Zusammensetzung des Autorenteams. Manche Autoren seien keine Wissenschaftler und andere nicht unabhängig genug, da sie in Kontakt mit Onlineshops stehen, die Produkte verkaufen die vor Strahlung schützen sollen.
Die gesamte Liste seiner Einschätzungen ist auf englisch online einzusehen.
#Evaluations of International Expert Group Reports on the Biological Effects of Radiofrequency Fields, 2012
In diesem Blogpost wird nochmal detaillierter erklärt, was genau die Schwächen des Reports waren.
#Picking Cherries in Science: The Bio-Initiative Report, 2013
https://sciencebasedmedicine.org/picking-cherries-in-science-the-bio-initiative-report/
– Wie zum Beispiel eine Studie, die Ratten und Mäuse auf von Handystrahlung verursachten Krebs untersuchte. Die Ergebnisse schienen eine Verbindung nahezulegen. Aber komischerweise nur bei männlichen Ratten. Und nicht bei Mäusen.
In der NTP-Studie wurden Ratten und Mäuse einer ständigen Bestrahlung durch elektromagnetische Felder ausgesetzt, die dem 2G und 3G Mobilfunk-Standard entsprachen. 2G und 3G waren zur Zeit der Studie noch die gängigsten Mobilfunknetze. Inzwischen sind neue Netze wie 4G und LTE geläufiger.
Das wichtigste Ergebnis der NTP-Studie war, dass die Bestrahlung durch starke, hochfrequente Felder bei männlichen Ratten zu Tumoren rund um das Herzgewebe führte. Bei der Studie gab es allerdings mehrere Probleme: Die niedrigste Strahlung, die eingesetzt wurde, entsprach den in Deutschland geltenden Grenzwerten. Das ist deutlich über dem Strahlungswert, der von den meisten Handys ausgeht. Insgesamt wurden die Tiere also deutlich intensiverer Strahlung ausgesetzt als es im Alltag durch Handys und Mobilfunknetzen passiert.
Außerdem waren manche Ergebnisse der Studie sehr merkwürdig und unerklärlich. Zum Beispiel lebten Ratten, die der Strahlung ausgesetzt waren im statistischen Durchschnitt sogar länger als Ratten, die keiner Strahlung ausgesetzt wurden.
#NTP-Studien: Zusammenhang zwischen starker Hochfrequenz-Befeldung und Tumoraktivität bei Ratten, EMF–Portal, 2018
https://www.emf-portal.org/de/news/621
#Langzeitstudie an Mäusen und Ratten zu Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern (NTP-Studie), Bundesamt für Strahlenschutz, 2018
# High Exposure to Radio Frequency Radiation Associated With Cancer in Male Rats, 2018
https://www.niehs.nih.gov/news/newsroom/releases/2018/november1/index.cfm
– Die Klassifizierung “möglicherweise krebserregend” heißt nur, dass es Hinweise aber keine Beweise dafür gibt und wir das Thema deshalb im Auge behalten werden.
Die WHO untersucht potentielle Krebserreger und stuft sie in fünf Gruppen ein. Sie betont dabei, dass es ihnen nur darum geht, ob ein untersuchter Stoff krebserregend ist, aber nicht in was für einem Ausmaß.
Gruppe 1 = krebserregend (Plutonium, Asbest oder Rauchen)
Gruppe 2A = wahrscheinlich krebserregend (rotes Fleisch, Acrylamid, offene Kamine)
Gruppe 2B = möglicherweise krebserregend (Elektromagnetische Strahlung, Chloroform, Blei)
Gruppe 3 = eine Bewertung des Krebsrisikos ist nicht möglich (Coffein, Tee)
Gruppe 4 = wahrscheinlich nicht krebserregend (Caprolactam)
#List of Classifications, WHO
https://monographs.iarc.fr/list-of-classifications-volumes/
Einen schnelleren Überblick bekommt man auf Wikipedia:
#Wikipedia-Artikel Karzinogen, Einstufung nach IARC
https://de.wikipedia.org/wiki/Karzinogen#Einstufung_nach_IARC
Damit ist elektromagnetische Strahlung eine Stufe unter rotem Fleisch und offenen Kaminen. Die WHO schließt generell kaum etwas komplett aus. Sogar Gruppe 4 heißt nicht “nicht krebserregend”, sondern “wahrscheinlich nicht krebserregend” und hat nur einen einzigen Eintrag: Caprolactam, ein Ausgangsstoff für die Produktion eines bestimmten Kunststoffes. Sonst wurde von allen untersuchten Stoffen kein einziger als “wahrscheinlich nicht krebserregend” eingestuft.
Da es nach wie vor keinen eindeutigen Beweis dafür gibt, dass elektromagnetische Strahlung gänzlich unschädlich ist, hat die WHO sie also auch als “möglicherweise krebserregend” eingestuft. Deshalb ist diese Bewertung aber insgesamt nicht automatisch ein Grund zur Panik.
#Einstufung hochfrequenter elektromagnetischer Felder durch die IARC, Bundesamt für Strahlenschutz, 2018
https://www.bfs.de/DE/themen/emf/hff/wirkung/iarc/iarc.html
#Non-ionizing radiation, part 2: radiofrequency electromagnetic fields, 2011
https://monographs.iarc.fr/wp-content/uploads/2018/06/mono102.pdf
– Insgesamt gibt es bei Studien am Menschen keine Beweise dafür, dass elektromagnetische Strahlung unterhalb der Grenzwerte gesundheitliche Probleme verursacht.
Für die Menge von elektromagnetischer Strahlung, der Menschen im Alltag ausgesetzt werden, gibt es Grenzwerte. Die sollen ausschließen dass es zu wissenschaftlich nachgewiesenen Auswirkungen kommt, wie z.B. dem leichten Kribbeln auf deiner Haut.
Allerdings gibt es unterschiedliche Grenzwerte für unterschiedliche Arten von elektromagnetischen Feldern. Und die werden wiederum in unterschiedlichen Einheiten angegeben. Es gelten verschiedene Grenzwerte für niederfrequente Felder, für hochfrequente Felder und für statische Felder.
Im EMF-Portal sind alle Grenzwerte auf einen Blick zu sehen.
# Überblick Grenzwerte in D vom EMF-Portal
https://www.emf-portal.org/de/cms/page2/home/more/limits/limit-values-in-germany-general-public
Für Mobilfunkgeräte gelten keine Grenzwerte, sondern Produktnormen, die international anerkannt sind. Bei diesen Normen wird nicht die Feldstärke gemessen, sondern wie viel der Körper davon aufnimmt, also der sogenannte SAR-Wert (Spezifische Absorptionsrate). In Deutschland darf ein Handy den SAR-Wert von 2 Watt pro Kilogramm nicht überschreiten.
Die meisten Handys liegen bei ca. 1 Watt pro Kilogramm, wenn man sie direkt ans Ohr hält. Bereits wenige Zentimeter vom Kopf entfernt nimmt der SAR-Wert sehr schnell ab.
Hier findet ihr eine Liste aller Mobilfunktelefone und ihren jeweiligen SAR-Wert:
https://www.bfs.de/SiteGlobals/Forms/Suche/BfS/DE/SARsuche_Formular.html
Die Grenzwerte sind nicht in allen Ländern gleich, aber die meisten beziehen sich auf die Empfehlungen der ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection), sowie in Europa auf die Empfehlung des EU-Rates. Trotzdem gibt es immer noch erhebliche Unterschiede. In Großbritannien ist der Grenzwert für niederfrequente, elektrische Felder doppelt so hoch wie in Deutschland und der für niederfrequente, magnetische Felder mehr als drei mal so hoch.
#Guidelines for Limiting Exposure to Time-Varying Electric, Magnetic, and Electromagnetic Fields (up to 300 GHz)
http://www.icnirp.org/cms/upload/publications/ICNIRPemfgdlger.pdf
#Empfehlung des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz - 300 GHz), 1999/519/EG
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:31999H0519
Hier ein Vergleich zu anderen europäischen Ländern.
http://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/schutz/grenzwerte-europa/grenzwerte-europa_node.html
Und hier eine Übersicht, wie stark die Strahlung von unterschiedlichen Geräten ist.
https://www.bfs.de/DE/themen/emf/hff/quellen/uebersicht/uebersicht.html
– Es gibt einige statistische Zusammenhänge aber die sind meistens schwach und uneinheitlich.
Statistische Zusammenhänge konnten beispielsweise in der NTP-Studie mit Ratten hergestellt werden. Bei männlichen Ratten traten nach intensiver Bestrahlung Hirntumore auf. Da das allerdings bei weiblichen Ratten und bei Mäusen nicht der Fall war, wurde der Befund eher als schwach angesehen. Zudem sind die Befunde uneinheitlich, da sie meistens in Folgestudien nicht wieder auftraten.
# High Exposure to Radio Frequency Radiation Associated With Cancer in Male Rats, 2018
https://www.niehs.nih.gov/news/newsroom/releases/2018/november1/index.cfm
Ein anderes Beispiel für schwache statistische Zusammenhänge ist die Studie von 1979, die Kinderleukämie in Verbindung mit Hochspannungsleitungen stellte.
# Electrical wiring configurations and childhood cancer, in American Journal of Epidemiology, Volume 109, Issue 3, 1 March 1979, Pages 273–284,
https://academic.oup.com/aje/article/109/3/273/110012
Angenommen, die Ergebnisse der Studie wären bewiesen (was, Achtung, nicht der Fall ist!), müsste man sie immer noch in Kontext setzen.
In der Schweiz erkranken im Jahr durchschnittlich 60 Kinder an Leukämie. Das Schweizer Bundesamt für Umwelt hat ausgerechnet, dass Hochspannungsleitungen höchstens einen einzigen Fall pro Jahr erklären könnten. Die übrigen 59 Fälle wären anderen Ursachen zuzuschreiben. Würden Hochspannungsmasten also wirklich Leukämie bei Kindern hervorrufen, wären immer noch weniger als 2% aller Leukämie-Fälle bei Kindern darauf zurückzuführen – und auch das ist eben wie gesagt nicht bewiesen.
#Gesundheitliche Auswirkungen von niederfrequenter Strahlung, 2018
Einen guten Überblick über die statistischen Zusammenhänge und Einschätzungen liefern die jeweiligen Landesbehörden – in Deutschland das Bundesamt für Strahlenschutz:
#Wissenschaftlich diskutierte biologische und gesundheitliche Wirkungen hochfrequenter Felder, 2018
http://www.bfs.de/DE/themen/emf/hff/wirkung/hff-diskutiert/hff-diskutiert.html
Die WHO hat dazu die wichtigsten Ergebnisse zusammen getragen:
#Was sind Elektromagnetische Felder, WHO
https://www.who.int/peh-emf/about/en/whatareemfgerman.pdf
#Krebs und Kinderleukämie, EMF–Portal
https://www.emf-portal.org/de/cms/page/home/effects/low-frequency/cancer-and-childhood-leukemia
Allerdings ist die Aussagekraft von epidemiologischen Studien durch methodische Probleme, wie beispielsweise Selektionsbias eingeschränkt (vgl. auch Hintergrundinformationen zu Studientypen). Zudem wurde bisher kein zugrundeliegender Wirkungsmechanismus aufgedeckt, der die Entstehung von Leukämie bei schwachen Magnetfeldern erklären könnte. Die Ergebnisse der epidemiologischen Studien konnten durch tierexperimentelle Studien ebenfalls nicht bestätigt werden
#Krebs, EMF–Portal
https://www.emf-portal.org/de/cms/page/home/effects/radio-frequency/cancer
– Forschungen zu Folge könnten sie unter dem sogenannten Nocebo-Effekt leiden.
Der Nocebo-Effekt beschreibt das Phänomen, dass jemand echte gesundheitliche Symptome spürt allein weil er glaubt etwas könnte schädlich für ihn sein.
#Symptom Presentation in Idiopathic Environmental Intolerance With Attribution to Electromagnetic Fields: Evidence for a Nocebo Effect Based on Data Re-Analyzed From Two Previous Provocation Studies 2018
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6121031/
“Interestingly, control participants also reported experiencing more symptoms and greater symptom severity when they too believed the base station was “on” compared to “off”. Thus, a nocebo effect provides a reasonable explanation for the presence of symptoms in IEI-EMF and control participants.”
In der obigen Studie wurden Menschen, die sich als elektrosensibel bezeichnen, mit verbundenen Augen elektromagnetischer Strahlung durch eine Basisstation ausgesetzt. Mal wurde ihnen gesagt, sie wären Strahlung ausgesetzt und manchmal nicht, obwohl in beiden Fällen die Basisstation angeschaltet war. Die Teilnehmer spürten deutlich stärkere Symptome, wenn sie dachten, die Basisstation wäre an. Auch Teilnehmer, die nicht an Elektrosensibilität leiden, gaben unterschiedliche Angaben über ihr subjektives Befinden, je nachdem ob sie dachten die Station wäre an oder nicht. Die Autoren der Studie betrachten deshalb den Nocebo-Effekt als plausible Erklärung für Elektrosensibilität.
#Are some people sensitive to mobile phone signals? Within participants double blind randomised provocation study, 2006
https://www.bmj.com/content/332/7546/886.full
#Electrosensitivity: Review of Relevant Research, 2017
Diese Meta-Analyse hat 31 Experimente ausgewertet, in denen elektrosensible Menschen mit verbundenen Augen Strahlung ausgesetzt waren, und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Symptome unabhängig zur Strahlung auftreten.
# Electromagnetic hypersensitivity: a systematic review of provocation studies, 2005
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15784787
– Es ist dabei wichtig im Kopf zu behalten, dass wir noch keine Beweise dafür haben, dass sich Strom unterhalb der Grenzwerte negativ auf den Menschen auswirkt.
In fast allen Ländern haben die Gesundheitsbehörden Stellungnahmen zu dem Thema verfasst. Wir haben euch eine Auswahl an Stellungnahmen wichtiger deutscher und internationaler Institutionen zusammengestellt:
#Wissenschaftlich diskutierte biologische und gesundheitliche Wirkungen hochfrequenter Felder, 2018
http://www.bfs.de/DE/themen/emf/hff/wirkung/hff-diskutiert/hff-diskutiert.html
#Auswirkungen Elektrosmog, Schweizer Bundesamt für Umwelt, 2018
#Was sind Elektromagnetische Felder, WHO
https://www.who.int/peh-emf/about/en/whatareemfgerman.pdf
#Electric & Magnetic Fields, NIH, 2018
https://www.niehs.nih.gov/health/topics/agents/emf/index.cfm
#Final Opinion on EMF, EU
– Zum Beispiel kann man Luftverschmutzung jährlich mit 4,2 Millionen vorzeitigen Toden in Verbindung bringen
# Ambient air pollution: Health impacts, 2018
https://www.who.int/airpollution/ambient/health-impacts/en/
– Einige Langzeitstudien laufen bereits
#MOBI_KIDS Study
https://cordis.europa.eu/result/rcn/193614\_en.html
#COSMOS Study
http://www.thecosmosproject.org
Further Reading:
Die umfangreichste Sammlung an Studien zum Thema elektromagnetische Strahlung bietet das EMF-Portal der RWTH-Aachen.
Diese Seite erklärt ziemlich gut, worauf man bei der Interpretation von Studien über Elektromagnetische Felder achten sollte.
#How to Interpret Scientific Findings In the Cell Phone Radiation Controversy, 2018
https://pongcase.com/blog/interpret-scientific-findings-cell-phone-radiation-controversy/