Podiumsdiskussion der 10. Jahrgangsstufe

Podiumsdiskussion der 10. Jahrgangsstufe

„Ich möchte jede und jeden von euch ermutigen, sich zu engagieren. Wir brauchen euch alle, denn am Ende geht es ja auch um eure Zukunft!“, appelliert die GRÜNEN-Abgeordnete Barbara Fuchs am 03. Juli 2023 an die Schülerschaft der 10. Jahrgangsstufe, die sich auf eine spannende Podiumsdiskussion vorbereitet und gefreut hat. Die 10f organisierte mit Hilfe von Frau Härtl diese Veranstaltung, an der Landtagskandidat*innen von CSU, SPD und GRÜNE teilnahmen. Das LiTo-Team organisierte die Technik.

Willkommensrunde


Herr Pfeifenberger hieß zu Beginn alle Gäste willkommen. Frau Petra Guttenberger vertrat die CSU. Sie absolvierte 1981 das Abitur am HLG in Fürth und ist seit 1998 Mitglied im bayerischen Landtag. Horst Arnold, Richter am Amtsgericht Fürth (außer Dienst), vertritt seit 2008 die SPD im Landtag. Die dritte Landtagsabgeordnete war Barbara Fuchs. Sie tagt seit 2018 für die Grünen. Carolin Wabra moderierte die Veranstaltung. 

Moderatorin Carolin Wabra, Foto: Denisa Diaconu 

Einordnung


Doch was genau ist der Landtag? Diese Frage stellte Anfangs Frau Wabra an die CSU-Abgeordnete Guttenberger. Im Grundgesetz ist verankert, dass jedem Bundesland ein eigenes Parlament zusteht: Der Landtag. Dieser ist für Ausführungsgesetze, Bildungspolitik und Behörden wie die Landespolizei zuständig. Dienstag bis Donnerstag finden normalerweise Sitzungen statt, Untersuchungsausschüsse können aber auch Montag oder Freitag angesetzt werden. Ziel ist es dabei, möglichst bald ein Ergebnis zu erzielen. 

Mit 16 Jahren war Herr Arnold bereits Mitglied der SPD, fragt Carolin Wabra, „wie hat sich die Politik seitdem verändert?“ Besser als früher sei heutzutage nichts, aber auch schlechter sei es nicht, meint Horst Arnold. Es komme auf die Betrachtungsweisen an. Der SPD-Politiker weist darauf hin, dass 1978 die Kommunikation nicht so stattfand, wie sie es heute tut. „Da waren große Wahlveranstaltungen mit hunderten Leuten, die interessiert zuhörten, normal.“ Beim Verhalten gebe es auch Unterschiede. Der Respekt zueinander sei damals größer gewesen, weswegen für Herrn Arnold selbst das Aufblicken zu den Politiker*innen ganz anders ablief, als es heute der Fall ist. Er habe verglichen mit heute die damaligen Politiker*innen viel mehr respektiert und bewundert. Das könne auch mit manchen Äußerungen zusammenhängen, die man in der Politik aktuell wahrnehmen kann. Durch die AfD habe sich der Trugschluss, man habe als Demokratie gegen links- und rechtsextreme Parteien gewonnen, als falsch herausgestellt. Zuletzt kritisiert der SPD-Landtagsabgeordnete, die Medienlandschaft habe sich vom Tiefen ins Oberflächliche entwickelt, „was eine verantwortliche Politikgestaltung und Erklärung schwierig macht.“

Horst Arnold von der SPD, Foto: Denisa Diaconu 

Als nicht-Juristin in den Landtag – geht das?


Frau Barbara Fuchs war als einzige Landtagsabgeordnete zu Gast, die vor ihrer Tätigkeit nicht im juristischen Feld unterwegs war. „Wie schnell kann man sich in solche politischen und rechtlichen Fragen einarbeiten?“ Frau Fuchs möchte den Schüler*innen Mut machen, sich nicht abschrecken zu lassen, sondern sich zu engagieren. Aber Die GRÜNEN-Abgeordnete gibt auch zu, sie müsse noch viel lernen. Ihre Kolleg*innen der Veranstaltung hätten nämlich schon viel mehr Erfahrung als sie selbst. Deswegen säße sie auch oft nur dort und höre zu, um etwas zu lernen, da die Arbeit des Landtags, des Parlaments aber auch der Opposition sehr vielschichtig sei. Ihren Vorteil sieht Barbara Fuchs darin, dass sie aus dem Bereich der Wirtschaft kommt und viele Themen so in den Landtag und wieder zurücktragen kann. 

Barbara Fuchs von den GRÜNEN, Foto: Denisa Diaconu

Probleme im Schulsystem – woher kommen sie?


Im zweiten Teil soll es um das Thema Bildung gehen, macht Carolin Wabra klar. Immer wieder hört man, es herrsche ein akuter Lehrer*innenmangel an Schulen, die Sanitäranlagen seien unzumutbar, und auch das Thema Digitalisierung käme zu kurz. „Frau Guttenberger, Sie sind am längsten im Landtag für die CSU – die stärkste Partei in Bayern – woher kommen die Probleme und wie kann man sie lösen?“ Die drei Abgeordneten sind sich einig: Der Freistaat Bayern sei für Renovierungen nicht zuständig. Konkret heiße das, für weiterführende Schulen in Fürth sei die Stadt Fürth zuständig. Der Landtag bezuschusse die Renovierungen aber „ordentlich“, erklärt Frau Guttenberger. Im ländlichen Raum gäbe es moderne Schulgebäude mit allem, was man sich wünschen könne. Aber in der Stadt habe man viel mehr zu tun, weshalb andere Ressorts priorisiert würden, erläutert die CSU-Abgeordnete. Der HLG-Neubau würde außerdem bald kommen, meint die CSU-Abgeordnete Guttenberger. Frau Fuchs von den GRÜNEN kritisiert aber: „Die bayerische Staatsregierung hat die Strategie, viele Gebäude nur wenig instand zu halten.“ Oft würden 30-Jahre-alte Häuser abgerissen werden, „weil keine Gelder bereitgestellt werden, sie instand zu halten.“ Auch Herr Arnold weist auf die Zuständigkeit hin. „Aber so einfach sollte man es sich nicht machen.“, denn die Stadt Fürth muss ein Krankenhaus und ein Stadttheater finanzieren, wohingegen der Landkreis Fürth diese Kosten nicht tragen muss. Der Freistatt müsse den Kommunen deshalb wesentlich mehr Geld für deren Aufgaben zur Verfügung zu stellen, die über den Rahmen einer Bezuschussung herausragen. 

Zur Digitalisierung meint Frau Guttenberger, man brauche belastbare Infrastruktur, um die Digitalisierung voranzubringen. So sei es nichts wert, ein 5G-fähiges Gerät in der Schule zu haben, das aber wegen schlechter Internetanbindung der Schule nicht effektiv genutzt werden könne. Herr Arnold sieht in den nächsten Jahren einen erheblichen Handlungsbedarf, da Kosten für Systembetreuer an Schulen nicht vom Freistaat bezuschusst würden. Das Spielfeld sei „für breite politische Diskussionen und Verteilungskämpfe“ eröffnet. 

Während Frau Guttenberger Bayern für sein gutes Abitur lobt, kritisieren Herr Arnold und Frau Fuchs gleichermaßen, dass Bayern in Punkto Chancengleichheit mit am schlechtesten dastehe. Man wolle die Qualität nicht zuletzt nach der Schule verbessern, Betreuungsangebote wahrzunehmen. Frau Fuchs von den GRÜNEN fordert zusätzlich, man solle den Druck aus der Grundschule herausnehmen: „Dieses sogenannte Grundschulabitur ist unglaublich stressig.“ Andere Unterrichtsformen sollten vermehrt zum Einsatz kommen, um die „45 Minuten Frontalunterricht“ abzulösen: „das ist schon von vorgestern.“ Digitalisierung sieht Frau Fuchs und ihre Partei als große Chance, um Zeit zu sparen und effektiver lernen zu können. Der persönliche Kontakt sei aber auch wichtig, betont sie. 

In vielen Anträgen habe sich die GRÜNEN-Fraktion dafür eingesetzt, „dass alle Lehrkräfte zu Beginn ihrer Einstellung mit dem gleichen Ausgangsgehalt A13 anfangen.“ Um den Job noch attraktiver zu gestalten, müsse man das Bildungssystem „mehr auf die jetzige Zeit“ zuschneiden.

Von l. nach r.: Carolin Wabra, Barbara Fuchs (GRÜNE), Horst Arnold (SPD), Petra Guttenberger (CSU), Foto: Denisa Diaconu

Schüler*innenfrage: Wie steht es um den Jugendrat?


Frau Fuchs von den GRÜNEN macht klar deutlich: „Wir wollen das!“ Ihre Fraktion setze sich schon lange für den Jugendrat ein, da sie sich mehr Teilhabe von Jugendlichen in der Politik wünschen. Auch würden sie deshalb schon viele Wochen Stimmen für das Bürgerbegehren „vote 16“ sammeln, das im Kern eine Herabstufung des Wahlalters für Landtags- und Kommunalwahlen in Bayern auf 16 Jahre zum Ziel hat. 

Herr Arnold spricht sich zwar auch für die Beteiligung von Jugendlichen in der Politik aus, weist aber darauf hin, dass die Entscheidungen zum Jugendrat nicht Bestandteil des Landtages seien. „Die beste Adresse ist jetzt der Oberbürgermeister oder der Stadtrat Braun“, meint Horst Arnold, denn Herr Braun kümmere sich in seinem Referat um solche Themen. „Versprechungen für ein Gremium zu machen, dem ich nicht angehöre – das bitte ich mir nachzusehen – wäre Anmaßung.“

Frau Guttenberger von der CSU stimmt Herrn Arnold zu: Sie gehöre auch nicht dem Stadtrat an, weshalb sie das nicht zu entscheiden habe. Sie spricht sich zwar auch dafür aus, ein Jugendparlament in Fürth zu integrieren, aber weist darauf hin, dass viele Jugendliche vielleicht eine „romantische Vorstellung von Politik“ hätten. Denn Politik sei die Kunst, langsam und behaglich Themen abzuarbeiten. Zum Bürgerbegehren „vote 16“ spricht sich Frau Guttenberger im Namen der CSU dagegen aus. Sie seien der Ansicht, dass Geschäftsfähigkeit und das Wahlrecht zusammengehören.

Petra Guttenberger von der CSU, Foto: Denisa Diaconu

Frau Wabra fragt abschließend noch in das Publikum, wer bereits mit 16 Jahren wählen möchte. Ungefähr die Hälfte der Anwesenden hob die Hand, die andere Hälfte meldete sich nicht. 

Bayern, Bier und Bubatz? – Meinungen zur Cannabislegalisierung 


Herr Arnold ist zweigespalten: Es gebe zwar nicht zu vernachlässigende Schäden wie drogeninduzierte Psychosen. „Auf der anderen Seite: Was ist bisher geschehen?“ Man stelle es unter Strafe und kriminalisiere es. Bewerber*innen mit einer Straftat, die mit Drogen zu tun habe, würden bei Bewerbungen benachteiligt werden. „Ich stelle fest, dass die bisherige Kriminalisierungspolitik der Bundesrepublik Deutschland gescheitert ist.“ Da es nicht besser wird, glaubt der SPD-Politiker, „dass der Ansatz einer Entkriminalisierung von Cannabis der richtige Weg ist.“ Er betont aber auch, der Vorschlag der Bundesregierung würde nicht alles und ab 18 erlauben. In diesem Zusammenhang solle ein erheblicher Teil des Geldes dafür ausgegeben werden, Prävention und Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Gefahr, durch Cannabis in schwerere Drogen wie Heroin einzusteigen, sei aber auch nicht von der Hand zu weisen. Frau Fuchs stimmt zu: „Wir setzen und auch dafür ein, dass die kontrollierte Abgabe von Cannabis umgesetzt wird.“ Prävention und Jugendschutz betrachtet die GRÜNEN-Abgeordnete aber ebenfalls als essenziell. Da die Kosten für die Gesellschaft durch Alkohol sehr hoch seien, betont Frau Fuchs, man wolle Cannabis nicht mit Alkohol gleichstellen. Viel mehr ginge es darum, nicht mehr die Menschen zu kriminalisieren, „und ansonsten sehr achtsam mit dem Thema umgehen.“ Die CSU spricht sich dafür aus, Cannabis für medizinische Zwecke zuzulassen. Für den Freizeitkonsum wolle die bayerische Partei das Rauschmittel aber nicht haben. „Es ist halt die klassische Einstiegsdroge“, meint Frau Guttenberger. Dass Deutschland ein Problem mit „Alkoholexzessen“ habe, wolle sie nicht abstreiten. Sie sehe Cannabis aber nur als „zweites Problem“, weshalb sie und die CSU die Cannabislegalisierung für Genusszwecke ablehne.

Rassismus in Deutschland


Durch die AfD kommt eine rassistische Sprache immer mehr in unseren Alltag. Frau Fuchs von den GRÜNEN fordert deshalb alle Bürger*innen auf, nicht wegzuschauen, sich gegenseitig zu stärken und zu schützen. „Es ist ein riesiges Problem, dass gerade die AfD immer mehr Zulauf bekommt.“, meint Frau Fuchs weiter, „Wir müssen uns dem entgegenstellen und nicht zulassen, dass Menschen diskriminiert werden.“ Aber auch durch Politiker*innen anderer Parteien würden Formulierungen verwenden, die nicht in Ordnung seien. Herr Arnold sieht das Problem nicht bei den Gesetzen. Man müsse politische Bildung mehr fördern, um die Bürger*innen aufzuklären und zu informieren. Jedoch solle es „nicht nur in der Schule, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen“ solche Aufklärung geben. „Auch religiöse Toleranz und die Toleranz in Bezug auf Schwulen und Lesben dürfen kein Fremdwort mehr sein“, meint der SPD-Politiker weiter, „das muss in der Gesellschaft von Anfang an ankommen!“ Frau Guttenberger ist der Ansicht, dass es egal sei, was man verdient und woher man kommt, solange man als Mensch passt. „Und wenn sie als Mensch nicht passen, können Sie sich noch so bemühen, Sie werden nie in der Gesellschaft angekommen sein.“ Darin sieht sie die Stärke von Fürth. Sie betont auch, dass jeder Mensch einen Wert hat und jeder Mensch Respekt verdient. Diese Themen sollen ihrer Meinung nach über viele verschiedene Wege wie den Landesjugendring besprochen und aufgearbeitet werden, „darüber nicht zu reden, treibt an die extremen Ränder.“ Zuletzt spricht Frau Fuchs noch einen aus ihrer Sicht positiven Aspekt an: Im Landtag würden sich die anderen fünf Parteien gegen die AfD stellen, wenn sie einen diskriminierenden Gesetztesentwurf oder eine diskriminierende Rede hält. Dafür ist Frau Fuchs sehr dankbar.

Verabschiedung


Helene Raschdorf bedankte sich im Namen der Jahrgangsstufe und Schulgemeinde, dass die Landtagsabgeordneten die Zeit gefunden haben, dort zu erscheinen. „Dementsprechend haben wir noch ein kleines Dankeschön für Sie und wir haben uns sehr gefreut, dass Sie heute hier waren – Vielen Dank!“  Energisch und jubelnd fand der Applaus der Schülerschaft statt, obwohl es bereits 12.46 Uhr und damit Unterrichtsende war. Ebenfalls einen großen Applaus verdienten sich Frau Härtl und Helin Topcu, die beide an der Organisation dieser Veranstaltung beteiligt waren. 

Arda Akyildiz überreicht den Politikern eine Rose, Foto: Denisa Diaconu

-Nico Schneider