Feuerwache Bergstraße

Rettet den Wald an der Bergstraße!

Die neue Feuerwache braucht einen besseren Standort. Ein 6000 Quadratmeter großer Laubwald soll für den Bau einer neuen Feuerwache zwischen Naturschutzgebiet, Landstraße und einem Wohngebiet in Hattingen-Welper zum großen Teil gerodet werden.
Wir
Hattinger möchten das Klima, die Tiere und die Natur dort schützen. Es gibt eine Alternative zu diesem sensiblen Standort.

Fotos vom Sommer 2022

Wo:
Hattingen Welper Waldstück zwischen Bergstraße und Blankensteinerstraße. Gemarkung Welper, Flur 6, Flurstück 429

Was:
4055qm Laubwald sollen abgeholzt werden. Neue Planung seit 02.2021 6000qm!

Warum:
Die drei Feuerwachen Welper, Blankenstein und Holthausen der Freiwilligen Feuerwehr sollen, so wünscht es die Feuerwehr und die Politik, zusammengelegt werden und eine gemeinsame neue Feuerwache erhalten. Mit zwei Alarmausfahrten, über 50 Parkplätzen, Übungshof, Waschstraße, 6 oder 7 Garagen, Grillplatz, Sozialräumen für ca. 90 Personen, zweistöckigem Bau.


4 bis 5 Millionen Euro werden dafür geschätzt kalkuliert. Das Geld zahlt die Kommune.

Insgesamt gab es 5 Standorte zur Auswahl, z.B. Lindstockstraße oder ehemaliges Gewerbegrundstück an der Blankensteinerstraße. Die Suche dauert nun schon Jahre und das Thema scheint allen Entscheidern lästig zu sein.

Das Naherholungsgebiet wird täglich von vielen Bürgern genutzt, es liegt in direkter Nähe zu einem Naturschutzgebiet und stellt eine Verbindung zu weiteren Naturflächen dar. Es ist ein Lebensraum mit CO2 speicherndem Boden. Hier wachsen Pflanzen, Pilze und leben Tiere.
Mit der Zerstörung von Lebensräumen muss Schluss sein. Nicht nur hier, sondern überall!

Die können nicht umziehen, sie werden sterben:


Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Ökozelle Hattingen vom 7.2.2022
im Rahmen der Bürgerbeteiligung

Bebauungsplanverfahrens Nr. 172 „Feuerwehrhaus Nord“


Die Arbeitsgemeinschaft Ökozelle Hattingen lehnt den Bau der geplanten Feuerwache Nord am Standort Bergstraße/Blankensteiner Straße ab. Der Standort ist nicht geeignet, das örtliche Auswahlverfahren kritikwürdig, die ökologische Folgen zu schwerwiegend und nicht auszugleichen und die Folgen für das Allgemeinwohl werden vernachlässigt.

Die folgende Begründung unserer Ablehnung gliedert sich in drei Hauptaspekte: Ökologie, Ethik und Politik.


Ökologie

Artenschutz

Der geplante Standort ist zur Zeit von Wald bestanden. Auch wenn er zum größten Teil einer Aufforstung entspricht, hat er sich naturnah entwickelt und weist eine gute Diversität auf. Dementsprechend ist von einer sich entwickelnden schützenswerten Fauna auszugehen. Im Gebiet wurden von den Anwohnern sowohl Erdkröten aus auch Grasfrösche beobachtet, im nahe gelegen Bachtal (Naturschutzgebiet) wurden Feuersalamander nachgewiesen.

Die Bemühungen des Planungsträgers, die dortige Fauna und Flora zu erfassen sind mehr als mangelhaft, wenn im Umweltbericht auf eine Begehung verwiesen wird, die zudem noch Ende Juli stattfand, wenn etwa Singvögel kaum noch kartierbar sind. Es ist auch nicht erklärt, dass es überhaupt Bemühungen gab, auch nur eine oberflächliche „Kartierung“ zu unternehmen.


Der Umweltbericht kann deshalb im Bereich 6.2.1. Artenschutz nicht überzeugen, sondern lässt im Gegenteil erkennen, dass das schwere Problem des Artenschwundes mit seinen gravierenden Folgen für die Belastungsfähigkeit unserer Lebensumwelt und des Klimas nicht ernst genommen werden.


So lassen die Strukturen des Lebensraumes nicht ausschließen, dass hier der Gelbspötter (Rote Liste1, Vorwarnliste), der Kleinspecht (RL Kategorie Kat. 3, gefährdet) und der Fitis (Vorwarnliste) vorkommen und weitere bedrohte Arten den Lebensraum als wichtiges Nahrungsgebiet und/oder Durchzug-und Rastgebiet aufsuchen und benötigen!

Der Verweis auf „Allerweltsarten“ist ein weiterer Hinweis auf die Sorglosigkeit mit der die Auftragsgeberin Lebensräume zur Vernichtung freigibt.


Aussagen zur nicht minder bedeutungsvollen Arthropodenfauna (Insekten etc.) werden nicht gemacht, auch die Flora wird nicht erwähnt. Die planende Behörde zieht sich auf das Nicht-Wissen zurück, statt es durch Wissen zu ersetzen. Der Hinweis darauf, dass die hier wohnenden Tiere, anderswo unterkommen können, ist an Naivität nicht zu überbieten. In einer Welt schwindender Lebensräume, sind alle Plätze besetzt! Ausweichquartiere gibt es nicht. Zilpzalp und Waldbettspiel, Erdkröte und Vierbindiger Schmalbock können nicht umziehen! Die Roten Liste werden also immer länger, auch der Bestand der „Allerweltsvögel“ nimmt erschreckend ab. Gerade in Hattingen.

Die geplante Rodung wird einen Lebensraum vernichten. Statt froh zu sein, dass dort auf den belasteten Böden überhaupt ein für Tiere, Pflanzen, Pilze und Menschen nutzbringendes Ökosystem entstanden ist, wird seine Vernichtung geplant und werden seine Wohlfahrtswirkungen (Wasserspeicher, Staubbindung, Lebensraum etc.) nicht beachtet. Damit schadet der Planungsträger im Falle der Durchsetzung seiner Vorschläge dem Allgemeinwohl.


Klimaschutz

Die bereits begonnene Klimakatastrophe wird allgemein als Bedrohung für alles Leben auf dem Globus angesehen. Während die BRD internationale Verträge eingeht und ehrgeizige Ziele verfolgt, wird auf der kommunalen Ebene, auch in Hattingen, das globale Problem nicht als Problem vor Ort verstanden. Nicht anders ist es zu verstehen, wenn hier Klimaschutz reduziert auf das Anpflanzen von einigen Bäumen verstanden wird.


Alle Lebensräume, je naturnäher desto mehr, speichern CO2 und tragen zur Stabilität des Klimas bei. Nicht nur Bäume speichern CO2. Es ist in der Hauptsache der unversiegelte humusreiche Boden, der als wichtiger CO2-Speicher dient. Dazu kommt, dass ein Lebensraum desto mehr CO2 speichern kann und als klein-klimatischer Puffer dient, je artenreicher er ist. Alle Lebewesen speichern in sich CO2 und je mehr es davon gibt und je wurzelreicher ein Boden ist, desto wichtiger ist ihr Lebensraum in seiner Rolle zur Abwendung der Klimakatastrophe.


Es spricht nicht für die Sorgfalt der vorliegenden Untersuchungen und den Schlüssen daraus, dass man meint, durch „Aufforstungen“ einen Ausgleich für einen gewachsenen Lebensraum schaffen zu können. Eine Kurzsichtigkeit, die sich durch das gesamte Planverfahren zieht. Wissenschaftler werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass Aufforstungen keine Antwort auf Hitzewellen und das allgemein immer instabilere Wetter sind. Sowohl für den Schutz vor der Klimakatastrophe als auch als Beitrag im Schutz der Artenvielfalt sind Wildnisgebiete, sich selbst begründende Wälder und Naturräume (Rewildering) wichtig. Der vorgeschlagene Ausgleich ist ein Indiz für die Sorglosigkeit, die der vorliegenden Planung zugrunde liegt.


Ein möglicherweise akzeptabler Ausgleich wäre die ortsnahe Entsiegelung einer 1,5-fach größeren Fläche und seine maximal von Initialpflanzungen begleitete Entwicklung zu einem artenreichen „Wildnisgebiet“.


Ethik

Mit der Annahme ihrer Wahl übernehmen die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung, aber auch ihr Vorsitzender oder ihre Vorsitzende als Bürgermeister oder Bürgermeisterin Verantwortung für weitreichende Entscheidungen, die sie „nach bestem Wissen und Können“ treffen. Der Begriff der Verantwortung spielt in der Ausgestaltung der politischen Ämter in unserem Land eine wesenhafte Rolle. Die Übertragung der Verantwortung auf die politischen Mandatsträger und die von ihnen kontrollierten ausführenden Kräfte durch das Wahlvolk, ist der wesentliche Inhalt und Charakter der parlamentarischen Demokratie, der sich unser Land, unser Gemeinwesen verpflichtet fühlt.


Viele Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung unter dem Vorsitz der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters, vor allem die strittigen, wirken weit über die Gegenwart hinaus und beeinflussen das Leben nachkommender Generationen. Besonders gilt dies für irreparable Eingriffe in die Umwelt, wie der hier kritisierte Bau an dem vorgeschlagenem Standort. Ohne den Begriff der Verantwortung ist eine demokratisch legitimierte Politik und staatliche Ordnung für uns nicht denkbar. Verantwortung wird allgemein, nicht nur in der Philosophie, verstanden „eine wesentliche Beziehung des Menschen zur Gesellschaft, zur Natur und zu sich selbst.“


Der deutsche Philosoph Hans Jonas formuliert das eingängiger „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden. Oder negativ ausgedrückt: Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung nicht zerstörerisch sind für die künftige Möglichkeit solchen Lebens.“


Auch die Hattinger Stadtverordnetenversammlung kann nicht ohne ethische Grundlage agieren und wird in ihren Beschlüssen an ethischen Maßstäben gemessen.

Nach Überzeugung der Arbeitsgemeinschaft Ökozelle Hattingen wird der in der Vorlage des Bürgermeisters empfohlene Beschluss dieser ethischen Verpflichtung seines eigenen Amtes und die der Mandatsträger nicht gerecht. Sie enthält Fehleinschätzungen und lässt eine gewissenhafte und gründliche Auseinandersetzung mit den Folgen ihres Beschlusses nicht erkennen.


Politik

Politische Entscheidungen haben immer politische Auswirkungen, da sie das Leben der Bürgerinnen und Bürger betreffen. In Zeiten, in denen sich über 200 Staaten in einer Weltnaturschutzkonferenz mit dem Biologischen Kollaps beschäftigen und beschließen 30 Prozent der globalen Landfläche als Wildnis von direktem menschlichen Einfluss auszunehmen, muss auch die Stadt Hattingen, das Artensterben und die Klimakatastrophe endlich ernst nehmen und mehr tun, als ihr gesetzliche Vorgaben gebieten. Verantwortung übernehmen heißt, das Mögliche zu tun und nicht nur das Vorgeschriebene. Wer nur „de jure“ korrekt handelt, kann keineswegs sicher sein, dass er „de facto“ das Richtige tut.

Wenn Volksvertreterinnen nicht glaubhaft Verantwortung übernehmen, verlieren sie Glaubwürdigkeit und müssen sich nicht wundern, wenn Bürgerinnen ebenfalls keine Verantwortung übernehmen für ihr Handeln. Das dem heute schon oft der Fall ist, können wir tagtäglich erleben.


Fazit

Die vorliegende Planung (Bplan 172/ Vorlage 257/2021) lässt nicht erkennen, dass sich verantwortlich, gründlich und ernsthaft mit den Folgen der angestrebten Maßnahme auseinandergesetzt wurde. Der Bau der Feuerwache an diesem Standort ist abzulehnen.


Für die Arbeitsgemeinschaft Ökozelle Hattingen

Thomas Griesohn-Pflieger

1Rote Liste der Brutvogelarten Nordrhein-Westfalens..., Charadrius 52, Heft 1-2, 2016 (2017)