Vermutlich gibt es auf der ganzen Welt keinen Platz, der so sehr umkämpft und umstritten ist wie der Tempelplatz in Jerusalem. Für drei Weltreligionen hat dieser Ort eine wichtige Bedeutung:
Judentum: Für das Judentum ist es der Platz, an dem der erste und der zweite Tempel standen. Jesus bezeichnete diesen Tempel als den "Ort, der seinem Vater zugeordnet ist" (Lk 2:49) und als "Bethaus" bzw. "Haus des Gebets" (Mt 21:13).
Christentum: Für das Christentum ist es der Ort, an dem zum ersten Mal der Heilige Geist auf die Gemeinde (die Herausgerufene) ausgegossen wurde. Das Pfingstfest aus Apg 2 war der Startschuss für die weltweite Gemeinde Gottes. Aus dem prophetischen Wort wissen wir, dass hier noch Entscheidendes geschehen wird (z. B. der Bau des dritten Tempels), aber für unser persönliches Glaubensleben spielt dieser Platz eine untergeordnete Rolle, weil Jesus eine Anbetung im Geist und in der Wahrheit proklamierte, die nicht mehr an einen geografischen Ort gebunden ist (Joh 4:21-23).
Islam: Obwohl Jerusalem im Koran nicht explizit erwähnt wird, ist der Tempelplatz in Jerusalem für den Islam die drittheiligste Stätte nach Mekka und Medina. An dieser Stelle soll der Prophet Mohammed seine nächtliche Reise von Mekka nach Jerusalem und in den Himmel angetreten haben.
Alle drei Religionen beziehen sich auf Abraham und werden deshalb auch als "abrahamische Religionen" bezeichnet. Für die Juden ist Abraham der Patriarch, der das Land Kanaan durchzog und die Verheißung erhielt: "Deinem Samen will ich dieses Land geben" (1Mo 12:7). Für Christen ist Abraham der "Vater der Gläubigen" (Röm 4:11-12). Auch für Muslime ist Abraham ein Vorbild (Uswah) für die Gläubigen. Gemäß dem Koran sollte Abraham aber nicht Isaak, sondern Ismael opfern (Sure 37:99-111). Isaak wird im Islam "nur als Prophet" anerkannt.
Mit der Opferung Isaaks beginnt die Geschichte des Tempelplatzes, denn diese fand auf dem Berg Morija statt, wo auch der Tempel Salomos errichtet wurde (1Mo 22:2 / 2Chr 3:1). Auf diesem Berg, vor den Toren Jerusalems, opferte auch der Allmächtige seinen Sohn!
Vor diesem historischen und geistlichen Hintergrund sollte es uns nicht überraschen, dass der Tempelplatz der umkämpfteste Ort dieser Erde ist!
Bevor der erste Tempel gebaut werden konnte, musste David die Stadt Jerusalem erobern, die von den Jebusitern besetzt war. Nebenbei bemerkt: Diese verspotteten David, indem sie sagten, dass ihre Stadt so gut befestigt sei, dass sie sogar von Blinden und Lahmen verteidigt werden könnte. Davids "Abneigung gegen Lahme und Blinde" führte dann dazu, dass es hieß, Blinde und Lahme dürften nicht ins Haus kommen (2Sam 5:6-8).
Diesen "Fluch" beendete Jesus in Mt 21:13-14, wo es heißt: "Und er sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: 'Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden'; ihr aber macht es zu einer 'Räuberhöhle.' 14 Und es traten Blinde und Lahme zu ihm in den Tempel, und er heilte sie." Die Stadt Jerusalem wird das allererste Mal in 1Mo 14:18 erwähnt. Damals nannte man sie Salem, und sie wurde vom Priesterkönig Melchisedek regiert. Durch ihn herrschte in dieser Stadt "Frieden und Gerechtigkeit" (Hebr 7:2). Dieser König diente gemäß der Bibel eindeutig dem Gott Abrahams und Israels. Vermutlich wurde die Stadt nach der Zeit Melchisedeks von den Jebusitern (einem kanaanäischen Volksstamm) erobert. Einige Zeit nach der Eroberung Jerusalems durch David kam es zu einem folgenschweren Ereignis, das uns in 1Chr 21 und 2Sam 24 berichtet wird.
Bevor wir lesen, wie David den Tempelplatz erwarb, finden wir in 1Chr 21:1 folgendes: "Und der Satan stellte sich gegen Israel und reizte David, Israel zu zählen. 2 Und David sprach zu Joab und zu den Obersten des Volkes: Geht hin, zählt Israel von Beerscheba bis Dan und bringt mir [Bericht], damit ich ihre Zahl kenne!" 2Sam 24:1 zeigt uns eine andere und sehr interessante Sicht dieses Ereignisses: "Und der Zorn des HERRN entbrannte abermals gegen Israel; und er reizte David gegen sie auf, zu sagen: Geh hin, zähle Israel und Juda!" "Satan" bedeutet auch "der Widersacher". Dabei handelt es sich um denjenigen, der versucht, sich Gott zu widersetzen und alles daran setzt, Gott und Seine Auserwählten zu bekämpfen. Aus der Bibel wissen wir jedoch, dass Satan nur das tun kann, was Gott erlaubt (Hi 1 & 2Kor 12:7) und dass er – ohne es zu wollen – sogar dazu beiträgt, dass Gott Seine verborgenen Ziele erreicht. Aus dieser Stelle können wir erkennen, dass Gott manchmal in Seinem Zorn Satan erlaubt, Menschen zu verführen, was dann ein Strafgericht Gottes auslöst.
Nun möchte ich die Ereignisse nach dem Entschluss, eine Volkszählung durchzuführen, bis zum Kauf des Tempelplatzes auflisten:
V. 2-3: Joab, der die Volkszählung durchführen sollte, riet David davon ab und sah darin eine Schuld.
V. 4: David ließ sich nicht korrigieren, und so führte Joab die Volkszählung durch.
V. 5-6: Das Ergebnis lautete 1,1 Millionen wehrfähige Männer in Israel und 470.000 in Juda. Joab zählte Levi und Benjamin nicht, weil Davids Befehl ihm ein Gräuel war. (In 2Sam 24:5-8 wird der Weg und die Zeit der Volkszählung genannt).
V. 7: Auch in den Augen Gottes war diese Sache böse, sodass er das Volk schlug.
V. 8: David erkannte seine Sünde und Schuld und bat Gott, dass diese Schuld vorübergehen möge, damit die Strafe endet (2Sam 24:10: David schlug das Herz).
V. 9-12: Der HERR sendete den Seher Gad zu David und legte ihm drei mögliche Strafen vor, aus denen David wählen sollte (2Sam 24:11-13):
V. 12: Drei Jahre Hungersnot (2Sam 24:13: 7 Jahre Hungersnot).
V. 12: Drei Monate Niederlage durch Feinde (2Sam 24:13).
V. 12: Drei Tage Pest und Schwert des HERRN im Land, durch den Engel des HERRN (2Sam 24:13).
V. 13: David antwortete: "Mir ist sehr angst! Lass mich doch in die Hand des HERRN fallen! Denn seine Erbarmungen sind sehr groß. Aber in die Hand der Menschen lass mich nicht fallen!" (2Sam 24:14).
V. 14: Dann kam die Pest, und 70.000 Mann starben (2Sam 24:15: Von Dan bis Beerscheba).
V. 15: Gott sandte den Engel nach Jerusalem, um es zu vernichten, aber als der Engel des HERRN bei der Tenne Ornan, des Jebusiters, stand, hatte der HERR Mitleid und sprach zum Engel: "Es ist genug!" (2Sam 24:: Tenne Araunas).
V. 16: David sah den Engel bei der Tenne Ornan, des Jebusiters, stehen und fiel mit den Ältesten auf sein Angesicht (2Sam 24:17).
V. 17: David bekannte seine Sünde und war bereit, die Strafe zu tragen, damit das Volk in Jerusalem verschont würde (2Sam 24:17).
V. 18-19: Gad wurde beauftragt, David zu sagen, dass er dem HERRN auf dieser Tenne einen Altar errichten solle. David folgte diesem Befehl (2Sam 24:18-19).
V. 20-22: Ornan, der Weizen drosch, sah den Engel. David bat ihn, ihm den Platz zu verkaufen, damit er dort einen Altar für den HERRN errichten und die Plage abwenden könne (2Sam 24:20-21).
V. 23-25: Ornan wollte David alles schenken, aber der König bestand darauf, alles zu bezahlen: 600 Schekel Gold für den Platz (2Sam 24:22-24) und 50 Schekel Silber für die Rinder.
Mit anderen Worten: David kaufte diesen Platz und weihte ihn dem HERRN. Es ist der Ort, an dem später der Tempel errichtet wurde, den Jesus als Bethaus für seinen Vater bezeichnete.
V. 26: Dann baute David dort dem HERRN einen Altar und opferte Brandopfer und Heilsopfer (2Sam 24:25a).
V. 26-27: Der HERR antwortete mit Feuer vom Himmel und stoppte die Plage (2Sam 24:25b: Der HERR ließ sich für das Land erbitten, und die Plage wurde von Israel abgewendet).
V. 28: David erkannte, dass der HERR ihn auf der Tenne erhört hatte, indem er sein Opfer mit Feuer vom Himmel annahm.
V. 21:29-22:1: Durch diese Erfahrung erkannte David, dass hier das Haus Gottes, der Tempel, entstehen sollte, der die Stiftshütte bei Gibeon ablösen würde. Doch David konnte wegen des erlebten Schreckens nicht nach Gibeon gehen, um dort Gott zu suchen.
Warum Gott zornig war und dem Satan die Genehmigung gab, David zur Volkszählung zu reizen, wird uns nicht direkt berichtet, aber einige Aspekte geben uns mögliche Antworten:
Vor dieser Geschichte werden die "großen Helden" Israels aufgelistet. Ihre Leistungen sind durchaus beeindruckend, haben aber geistlich gesehen kaum Wert. Möglicherweise breitete sich ein großer Stolz auf die Stärke Israels aus, und man bedachte zu wenig, dass Gott jedem einzelnen Helden seine Fähigkeiten gegeben hatte. Vielleicht wollte Gott den Hochmut des Volkes "zurückschneiden".
Zur Zeit der ersten Könige Israels opferte das Volk noch auf den Höhen Israels. Teilweise waren diese Opfer für den HERRN, aber es ist davon auszugehen, dass auch für fremde Götter geopfert wurde, sodass Gott ein beschränktes Gericht über dieses Volk beschlossen hatte.
Die Tatsache, dass sich David zur Volkszählung verführen ließ, zeigt indirekt, dass David in seinem Herzen insgeheim – vielleicht auch unbewusst – noch einen Stolz hegte, König über ein so großes Volk zu sein. Gott sorgte dafür, dass David demütig blieb, wie Er auch bei Paulus dafür sorgen musste (2Kor 12:7).
Durch diese Ereignisse kam es bei David zu einem Entwicklungsprozess, der etwas Besonderes bei ihm sichtbar machte.
Volkszählungen sind etwas für die Statistik! Durch sie kann man beispielsweise berechnen, wie viele Menschen steuerpflichtig sind, wie groß die Gesamtbevölkerung ist, über die man herrscht, und sich mit anderen Völkern oder Herrschern vergleichen. Sie zeigen einem Regenten, wie stark seine Armee ist, damit er berechnen kann, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, bei einem Feldzug den Sieg zu erringen (Lk 14:31).
Die heutige Gesellschaft ist teilweise "statistik-süchtig" geworden, und mit der Digitalisierung will man möglichst alles statistisch erfassen. Wir Menschen erfassen, berechnen und planen, weil wir in der Regel nur mit unseren eigenen Mitteln rechnen.
Leider hat das "Erfassen des Erfolgs" auch die Gemeinden erfasst. Man will sehen, wie erfolgreich man ist, um dann in einer Analyse herauszufinden, was man noch besser machen könnte, statt im Gebet den HERRN zu suchen, um sich von Ihm zeigen zu lassen, was jetzt dran ist!
Wir müssen nicht erfassen, wie groß oder klein eine Ernte ist, sondern nur das tun, was Gott uns aufgetragen hat! Wer hatte mehr Erfolg? Jeremia oder Jona? Statistisch gesehen eindeutig Jona. Aber war er Gott gegenüber gehorsamer als Jeremia? Ich denke nicht! Die "Ernte", die aus der Arbeit Jeremias entstand, dürfte erst richtig nach seinem Leben "eingefahren" worden sein.
Hüten wir uns davor, eine "geistliche Statistik" aufzustellen! Gott rechnet ganz anders und teilt so zu, wie es Ihm gefällt!
Hier ging es nicht um die Wahl zwischen "Pest und Cholera", aber um etwas ganz Ähnliches! Der Prophet Gad (übersetzt "Einschneidender" oder "Truppe") musste David eine Auswahl von drei Übeln präsentieren:
1. Jahrelange Hungersnot
2. Drei Monate Bedrängung und Verfolgung
3. Drei Tage Schwert des HERRN und Pest im Land, durch den Engel des HERRN.
Zuerst entschied sich der König für eine Volkszählung, die ihm vermutlich ein gutes "Selbstwertgefühl" vermitteln sollte, und jetzt muss er sich für ein schreckliches Übel entscheiden! Die schrecklichen Konsequenzen seines "törichten Handelns" konnte er sich nicht ersparen.
Jede Selbstgefälligkeit hat über kurz oder lang ein Übel zur Folge!
Die Selbstgefälligkeit ist Hochmut und Stolz im Sonntagsgewand.
Vor Selbstgefälligkeit und Hochmut müssen wir uns mehr fürchten als vor unbeabsichtigten Fehlern, die uns peinlich sind.
Als David sich für ein Strafgericht entscheiden musste, sagte er:
"Mir ist sehr angst! Lass mich doch in die Hand des HERRN fallen! Denn seine Erbarmungen sind sehr groß. Aber in die Hand der Menschen lass mich nicht fallen!" (1Chr 21:13)
Nachdem David in seinem Leben schon so oft verfolgt worden war, kann man verstehen, dass er nicht mehr in die Hände der Menschen fallen wollte. Menschen sind in ihrer Grausamkeit manchmal maßlos, und die Angst, grausamen Menschen ganz ausgeliefert zu sein, ist furchtbar!
Trotzdem könnte man aus "christlicher Sicht" auf folgenden Gedanken kommen:
"Wenn David sein Volk wirklich geliebt hätte und er ganz selbstlos gewesen wäre, dann hätte er das Leid der Verfolgung auf sich genommen, damit das Volk verschont bleiben würde. Hinzu kommt, dass David die Volkszählung veranlasste und er der eigentliche 'Schuldige' war."
Allerdings ist zu bedenken, dass man nicht weiß, was es für das Volk bedeutet hätte, wenn es zu einer dreimonatigen Verfolgung gekommen wäre. Mit der Aussage "Lass mich doch in die Hand des HERRN fallen!" wollte David das Gericht dem HERRN überlassen, und er vertraute darauf, dass der HERR auch das richtige Maß für dieses Strafgericht festlegen würde, weil er um sein großes Erbarmen wusste. Vielleicht hoffte er auch darauf, dass die ganze Sache nach drei Tagen vorbei sein würde.
Gott entschied sich für eine Pest, die vermutlich drei Tage dauerte, und gegen Ende wurde der Engel nach Jerusalem gesandt. Der HERR hatte Mitleid und gebot dem Engel Einhalt, als er bei der Tenne Ornans stand. Gott erbarmte sich über den Besitzer dieses Platzes, der zum umstrittensten Platz der Welt werden sollte.
Ornan war ein Jebusiter, der von David und nun auch von Gott verschont wurde. Jebus war ein Sohn Kanaans (1Mo 10:15-16), der von Noah verflucht wurde (1Mo 9:25). Es ist bemerkenswert, dass das Strafgericht Gottes ausgerechnet vor diesem Mann haltmachte. Aus seinem Verhalten kann man schließen, dass er ein aufrichtiger Mann war. Auf jeden Fall erhielt dieser Jebusiter Gnade von Gott, und das ist wunderbar!
Die Bibel zeigt uns immer wieder, dass für Gott die Gesinnung des Herzens das Entscheidende ist. Für ihn sind weder die Herkunft noch die gesellschaftliche Stellung das Entscheidende. Daraus darf man jedoch nicht den Schluss ziehen, dass es ganz ohne Bedeutung wäre, wenn jemand ein Nachkomme Jakobs ist. Das zeigen uns die ersten Verse aus dem 3. Kapitel des Römerbriefes sowie die Kapitel 9 - 11.
David musste miterleben, wie nach der Volkszählung die Pest wütete. Auslöser für diese Pest war vermutlich der Engel des HERRN, der gemäß Vers 16 zwischen der Erde und dem Himmel stand. David konnte ihn mit seinem gezückten Schwert sehen. An dieser Stelle erkannte David nicht nur ein weiteres Mal sein sündhaftes Verhalten, sondern er fühlte sich gedrängt, sich für das Volk zu opfern, als er sagte:
"Habe nicht ich befohlen, das Volk zu zählen? Bin ich es doch, der gesündigt und Böses getan hat! Aber diese Schafe, was haben sie getan? HERR, mein Gott, lass doch deine Hand gegen mich und gegen das Haus meines Vaters sein, aber nicht gegen dein Volk mit dieser Plage!"
David verhielt sich hier wie ein wahrer Mann Gottes! Er war bereit, sich und seine Familie für sein Volk zu opfern. Rückblickend könnte man auch sagen: "Gott ließ diese Volkszählung auch deshalb zu, um das Herz Davids offenbar zu machen! Neben Mose und Paulus hatte auch er die Gesinnung Jesu Christi. Diese Begebenheit offenbarte ihn erneut als einen Mann nach dem Herzen Gottes!
Im Weiteren dürfen wir hier eine Parallele zu Jesus Christus und den Gliedern seines Leibes erkennen. Jesus opferte sich und "das Haus seines Vaters" für sein Volk. Da wir der Tempel Gottes sein dürfen (1Kor 3:16), gehören wir auch zum "Haus seines Vaters" und Paulus ermutigt uns durch die Erbarmungen Gottes, unsere Leiber als Gott wohlgefällige Schlachtopfer darzustellen (Röm 12:1).
Wie bei Mose und Paulus ging der HERR auch hier nicht auf das Angebot ein, sich zu opfern. Mose wollte wegen seines Volkes aus dem Buch Gottes gelöscht werden (2Mo 32:32), und Paulus war bereit, für seine Brüder von Christus getrennt zu werden (Röm 9:3), was in etwa das Gleiche ist.
Aber, wie es scheint, konnte sich nur einer in dieser Weise opfern! Nur das Lamm Gottes konnte und durfte das Gericht der "absoluten Gottverlassenheit" ertragen (Mk 15:34). Darum ging Gott meines Erachtens auch hier nicht auf das "Angebot" Davids ein, sodass er an dieser Stelle einen Altar bauen sollte. Auf diesem Altar sollte er dann ein Opfer darbringen, und dieses Opfer war sozusagen die Voraussetzung für den Bau des Hauses Gottes. Das geistliche Haus Gottes konnte ebenfalls nur durch das eine Opfer auf dem Berg Morija, sprich auf Golgatha, gebaut werden.
Die Bedeutung des Altars spielt dabei eine zentrale Rolle! Jesus erklärte den Pharisäern, dass der Altar größer ist als das Opfer, weil der Altar das Opfer erst heiligt (Mt 23:19). Es gibt nur eine Sache, die größer ist als das Opfer Jesu, und das ist seine Liebe und die Liebe des Vaters. Paulus erklärt in 1Kor 13:3:
"... wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich verbrannt werde, aber nicht Liebe habe, so nützt es mir nichts."
Wir sehen also: Zuerst war die Liebe, dann das Opfer, und erst danach konnte mit der Planung des Hauses Gottes begonnen werden.
Während Ornan Weizen drosch, sah er den Engel des HERRN! Seine vier Söhne versteckten sich bei ihm, offensichtlich aus Angst, obwohl nicht beschrieben wird, wie sich Ornan selbst fühlte.
Beim Dreschen wird der Weizen geschlagen, um die essbaren Körner von den Ähren und den umgebenden Spelzen (Hüllblättern) zu trennen. Das Brauchbare wird vom Unbrauchbaren getrennt. Paulus vergleicht die Lehrer und Verkündiger des Wortes Gottes mit einem Ochsen, der drischt (1Tim 5:17-18). Auch hier gibt es eine Parallele: Bevor das Opfer auf Golgatha vollzogen wurde, waren die Propheten des Alten Testaments die Lehrer und Verkündiger des Wortes Gottes, die das Brauchbare vom Unbrauchbaren getrennt haben.
Zuerst sieht Ornan den Engel und dann den König! Was für ein Tag! Ornan spürte intuitiv, dass hier etwas Entscheidendes im Gange war, und warf sich sofort vor dem König nieder. David bat den Jebusiter um den Verkauf seiner Tenne, seines Dreschplatzes. Ob David schon ahnte, dass dies der sagenumwobene Tempelplatz werden würde, wissen wir nicht, aber für ihn war klar, dass er für dieses Grundstück den offiziellen Preis bezahlen sollte.
Ornan war bereit, dem König nicht nur das Grundstück, sondern auch die Opfergaben und das Brennholz zu schenken. Wahrscheinlich spielte hier Ehrfurcht bzw. Angst eine gewisse Rolle, aber dennoch kann man Ornan Großzügigkeit attestieren.
Aufgrund dieser Vorgeschichte können wir sehen, dass die Tenne Ornans das rechtmäßig erworbene Grundstück für den HERRN ist und somit dem Gott Israels gehört. Der HERR hat Sein Haus nicht auf einem von David eroberten Grundstück errichtet, sondern auf einem Platz, den David zu einem offiziellen Preis erworben hat. Dieses Grundstück gehörte dem Jebusiter Ornan (übersetzt "Licht wurde verewigt" oder "{starke} Zeder") bzw. Arauna (übersetzt "Ich werde vor Freude rufen" oder "Ur-Lichtrufer ist Jah").
Diese Tenne, und somit der Tempelplatz, befand sich damals unmittelbar oberhalb der Stadt Jerusalem und gehörte vermutlich noch nicht zur Stadt selbst. Möglicherweise war Ornan ein Bauer, der vor den Stadtmauern Jerusalems wohnte. Bei der Eroberung Jerusalems war er entweder nicht in der Stadt oder er wurde von David verschont. Auf jeden Fall war er der rechtmäßige Eigentümer dieser Tenne und verkaufte diesen Platz mit großer Bereitwilligkeit.
Alles, was Gott zu Seinem Eigentum macht, hat Er auch teuer erkauft. Im Gegensatz zu Seinem Feind raubt Gott nicht, sondern im Gegenteil: Er hält das, was Ihm gehört, nicht so fest wie ein Dieb sich an seine Beute klammert (Phil 2:6). Er konnte alles loslassen und dadurch auch alles erwerben! So lesen wir in 1Petr 1:18-19:
"Ihr wisst [ja], dass ihr nicht mit vergänglichen [Dingen wie] Silber oder Gold von eurer nichtigen, von den Vätern überlieferten Lebensart gegen Lösegeld freigekauft worden seid, sondern mit dem kostbaren Blut Christi als eines Lammes ohne Tadel und Fehler."
David kaufte den Tempelplatz in Jerusalem für 600 Schekel Gold von Ornan ab. Es war das offiziell erworbene Grundstück für das Haus Gottes! Wenn man dies bedenkt, dann kann es schon erstaunen, welche Ereignisse Gott auf diesem Platz zugelassen hat und noch zulassen wird:
Der abscheuliche Götzendienst unter etlichen Königen Judas.
Die Zerstörung des ersten und zweiten Tempels.
Die beiden ersten "Gräuel der Verwüstung" unter Antiochus Epiphanes (168 v. Chr.) und unter Kaiser Hadrian (135 n. Chr.). Der dritte folgt dann unter dem "Menschen der Gesetzlosigkeit" (siehe unten).
Der muslimische General Umar ibn al-Khattab, der zweite Kalif, eroberte Jerusalem im Jahr 637 n. Chr.
Kalif Abd al-Malik gab den Auftrag zum Bau des Felsendoms (685-691) und der Al-Aqsa-Moschee (705).
Ein künftiges Ereignis auf diesem Platz dürfte das Folgende sein: "Der Mensch der Gesetzlosigkeit, der Sohn des Verderbens, wird sich in den Tempel Gottes setzen und sich ausweisen, dass er Gott sei (2Thes 2:3-4)."
Dieses "Grundstück Gottes" wurde dem Allmächtigen nie wirklich zugestanden. Statt Ihm hier Seinen Platz zu geben, hat man hier ein Kaufhaus errichtet (Joh 2:16) und Ihn selbst aus der Stadt geführt und an ein Holz gehängt, sodass der Platz, den man Ihm auf dieser Erde gönnte, vielleicht nur noch 15x15 cm groß war (der Holzpfahl, der auf dem Boden stand).
Nachdem David den Altar gebaut und Brandopfer sowie Heilsopfer dargebracht hatte, rief er zum HERRN, und der antwortete ihm mit Feuer, das vom Himmel auf den Altar des Brandopfers fiel. Der HERR sprach zu dem Engel, und dieser steckte sein Schwert wieder in die Scheide.
Dieses Ereignis führte dazu, dass David zu der Gewissheit kam: "Hier soll der Tempel für den HERRN entstehen!"
Ab 1Chr 21:28 lesen wir dann, was folgt:
Zu jener Zeit, als David sah, daß der HERR ihm auf der Tenne Ornans, des Jebusiters, geantwortet hatte, [und] als er dort opferte - 29 die Wohnung des HERRN aber, die Mose in der Wüste gemacht hatte, und der Brandopferaltar waren zu jener Zeit auf der Höhe bei Gibeon, 30 doch David konnte nicht hingehen [und] vor ihn [treten], um Gott zu suchen, denn er war von Schrecken erfaßt vor dem Schwert des Engels des HERRN -,
22:1 da sagte David: Das hier soll das Haus Gottes, des HERRN, sein und das der Altar zum Brandopfer für Israel. 2 Und David befahl, daß man die Fremden versammeln solle, die im Land Israel waren; und er stellte sie an als Steinhauer, um Quader für den Bau des Hauses Gottes zu behauen. 3 Und David ließ Eisen in Menge für die Nägel zu den Torflügeln und für die Klammern bereitstellen; und Bronze in [einer] Menge, daß es nicht zu wiegen war; 4 auch Zedernholz ohne Zahl, denn die Sidonier und die Tyrer brachten Zedernholz in Menge zu David.
5 Und David sagte [sich]: Mein Sohn Salomo ist noch jung und zart. Das Haus aber, das dem HERRN gebaut werden soll, soll überaus groß werden, zum Preis und zum Ruhm in allen Ländern. So will ich denn [das Nötige] für ihn bereitstellen. Und so stellte David [Vorrat] in Menge bereit vor seinem Tod.
Das war die ungewöhnliche Vorgeschichte, die zum Bau des ersten Tempels führte!