Enno Stahl
Literatur als Affirmation?! Das kritisch-theoretische Wertungsdispositiv als Instrument ihres Re-Enactments
Wir leben heute in einer zutiefst diversifizierten Gesellschaft, nicht nur was soziale und kulturelle Schichtungen und Milieus angeht, sondern auch Haltungen, Positionen, Stile, Lebensarten, -erfahrungen und -modelle betreffend, die sich zwangsläufig daraus ableiten. Bei der Produktion und Rezeption von literarischen Artefakten, selbst bei einer fundierten philologischen Analyse, legen wir daher stets bewusst oder unbewusst »Wertungsdispositive« an. Darunter sind bestimmte Interpretationsperspektiven auf gesellschaftliche Tatsachen ebenso wie auch deren Verarbeitung in ästhetischen Erzeugnissen zu verstehen. Legt man ein ideologiekritisches Wertungsdispositiv an, das aus der Rezeption der Kritischen Theorie gewonnen wurde, fällt es schwer, die meisten Emanationen der deutschen Gegenwartsliteratur heute nicht als affirmativ zu bezeichnen. Doch unter Verwendung von Adornos Schriften zur Kultur und Literatur – mit einem Sidestep zu Gramscis Hegemonie-Konzept – lassen sich auch Kriterien dafür formulieren, wie heute Literatur wieder zu einem realistisch-kritischen Engagement finden kann.
Sa, 22.06., 14:30–15:15
Vierte Welt