Susanne Kogler
Kreative Haltung und aufführungspraktische Innovation: Zur Funktion des Hörens in der Musik des 21. Jahrhunderts
Theodor W. Adorno hat in seiner Reproduktionstheorie – nicht zuletzt auf Basis der Sprachvorstellungen Walter Benjamins – Interpretation als mimetische Wahrnehmungs- und Handlungsform zu fassen versucht: Subjektive und objektive Momente, aktive und passive Haltung verschmelzen dabei zu einem Dritten. Durch wahrhaft gelingende musikalische Interpretation sollten mit zunehmender Naturbeherrschung einhergehende Zwänge und der Verlust der oralen Tradition ein Stück weit rückgängig gemacht werden. Auch in der postmodernen Kunstphilosophie finden sich Ansätze, die für eine neue Wahrnehmung des Augenblicks und des Klangs als lebendiges Gegenüber plädieren und daher mit Adornos Vorstellungen von ästhetischer Kommunikation in Verbindung gebracht werden können. In der neuen Musik setzen sich Komponistinnen und Komponisten mit unterschiedlichen Formen des Hörens kreativ auseinander und verändern damit, auch unter Einsatz neuer Technologien, Reproduktion und Aufführungspraxis maßgeblich. Der Beitrag diskutiert anhand von Werken der österreichischen Komponistin Elisabeth Schimana, die in Stücken unterschiedlicher Besetzung mit Live-Elektronik experimentiert, inwieweit die philosophischen Theorien zum Verständnis der aktuellen Musik beitragen können. Ziel ist nicht nur, die Bedeutung der Kritischen Theorie für die Ästhetik heute darzustellen, sondern auch die gesellschaftspolitische Bedeutung zeitgenössischer musikalischer Praxis aufzuzeigen.
So, 23.06., 12:15–13:00
Vierte Welt