Homöopathie bei Säuglingen – Möglichkeiten und Grenzen
Post date: 01.11.2011 18:29:41
Bericht zum Vortrag von Frau Dr. med. Sigrid Kruse am 27. Oktober 2011:
Zum zweiten Mal war die Münchner Kinderärztin, Frau Dr.med. Sigrid Kruse, bei unserem Verein zu Gast. Am 27. Oktober sprach sie zum Thema „Homöopathie bei Säuglingen – Möglichkeiten und Grenzen“. Die Homöopathie „ rund um's Baby“, wie sie den Vortrag auch nannte, ist eine besondere therapeutische Herausforderung, denn die Voraussetzung für eine erfolgreiche homöopathische Behandlung, die möglichst vollständige Beschreibung der individuellen Beschwerden und Befindlichkeiten, ist bei Säuglingen ja nicht gegeben. Dass und wie diese Herausforderung bewältigt werden kann, dafür steht Frau Dr. Kruse beispielhaft, denn sie leitet seit 1995 das in Deutschland einzigartige Projekt „Homöopathie in der Kinderklinik“ am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwigs-Maximilian-Universität München. Einleitend erinnerte Frau Dr. Kruse an die Säulen der Homöopathie: die Ähnichkeitsregel, die sich aus der Entsprechung von Arzneimittelbild und Krankheitsbild ableitet, sowie die Potenzierung der Arzneien. Hinsichtlich des Einsatzes der Homöopathie bei Babys wies sie zuerst auf die Grenzen hin, die der Homöopathie bei Säuglingen gezogen sind, z. B. wenn das Kind apathisch und schlaff wirkt, das Trinken verweigert oder sich anhaltend erbricht. In allen diesen und anderen schweren Fällen ist eine schulmedizinische Untersuchung vor der Therapie unabdingbar. Im Mittelpunkt des Vortrags stand das therapeutische Vorgehen bei Unruhe und Schreien des Säuglings. Sind nahe liegende Gründe abgeklärt, z. B. Hunger oder eine volle Windel, basiert im Falle einer akuten Erkrankung die homöopathische Arzneimttelfindung auf der Erhebung des vollständigen Lokalsymptoms, also der Beantwortung der Fragen:
Wann schreit das Kind?
Seit wann?
Gibt es einen Auslöser?
Welcher Art sind die Begleitsymptome?
Was bessert, was verschlechtert den Krankheitszustand? (diese Modalitäten sind besonders wichtig).
Es versteht sich von selbst, dass die Eltern das Kind gut, und das heißt mit allen Sinnen, beobachten müssen, um dem Therapeuten / der Therapeutin verwertbare Informationen liefern zu können. Am Beispiel zweier Frühgeborener verdeutlichte Frau Dr. Kruse, welche Arzneimittelbilder bei der Differenzierung von Schreien und Unruhe in Frage kommen. Es sind dies Aconitum, Belladonna und Chamomilla („Unruhe-ABC“). Zu beachten sind die Leitsymptome der jeweiligen Mittel, also bei Aconitum: plötzlicher, stürmischer Beginn des Schreiens bzw. der Unruhe, oft als Folge von Angst, Panik, Schreck (Umstände der Geburt beachten!); bei Belladonna: Schreien mit hochrotem, heißem Kopf, Überstrecken des Körpers; bei Chamomilla: das Kind ist schmerzempfindlich, wirkt reizbar, ärgerlich, wütend („Nervensäge“) und möchte herumgetragen werden. Bei den im Säuglingsalter häufigen Blähungskoliken hat sich oft das erst seit 1972 in der Homöopathie verwendete Okoubaka (westafrikanische Baumrinde) bewährt. Es wirkt allgemein entgiftend (z. B. nach Anwendung von Antibiotika), unterstützt die Ausscheidung der Giftstoffe über den Gastrointestinaltrakt und sorgt so entlastend für den Stoffwechsel.
Neigt das Kind zum Erbrechen (nach heftiger Nahrungsaufnahme) und presst es bis zum Blaurotwerden, ist Nux vomica angezeigt. Ist dagegen der Bauch aufgebläht und verlaufen die Blähungen dagegen mit Rumoren und Poltern, ist dies ein sicheres Indiz für Lycopodium.
Hinsichtlich der Anwendung der Arzneien empfiehlt Frau Dr. Kruse die Potenz C 30 (einmalige Gabe von 3 Globuli zwischen Unterlippe und Zahnleiste), bei Okoubaka C 6 (3x3 Globuli pro Tag für 2-4 Wochen).
Zusammenfassend machte der Vortrag deutlich, dass der Einsatz der Homöopathie in der Klinik eine Erweiterung der Therapiemöglichkeiten auf dem Weg zur bestmöglichen Therapie für das Kind bedeutet.