Der Startschuss weckt die Sonne

Gepostet am: 09.07.2018 07:12:23

Das hatte schon was. Der Countdown vor dem Start wurde auf dem Metzinger Kelternplatz richtig zelebriert „Hells Bells“ von der australischen Starkstrom-Kapelle AC/DC dröhnte aus den Boxen, die Teilnehmer klatschten begeistert mit. Und da ließ sich die Sonne nicht lumpen. Sie kam pünktlich – und blieb. Auf sie hätte manch Teilnehmer gerne verzichtet. Zum Beispiel der in Fachkreisen bekannte Halbmarathon-Sieger Jens Ziganke, der von der Blumeninsel Reichenau erstmals ins Ermstal gereist war. „Die Leute hier sind supernett, überall wird man angefeuert. Die Strecke hat es aber in sich, ist sehr wellig – und dann noch die Sonne.“ Ja, die Sonne. Sie brannte einmal mehr erbarmungslos aufs Ermstal. Es war aber schon heißer.Premierensieg

Jens Ziganke hat mit 1:14:01 Stunden trotzdem ein Klassezeit rausgehauen. Lokalmatador Efrem Brhane folgte in nicht minder beeindruckenden 1:18:06. Luigi De Franceschi ist das Phänomen schlechthin. „Ich bin sehr zufrieden, für einen Mann mit 53 Jahren sind 1:19:46 keine schlechte Zeit.“ In der Tat. Und sein Erfolgsgeheimnis: Er hat sich mittlerweile mit seinem Alter arrangiert, weiß, was er dem Körper zumuten kann. Er läuft nicht mehr ganz so viel – dafür immer noch schnell.

Zu schnell unterwegs

Gutes Stichwort. Sabrina Mockenhaupt kokettiert gerne mit ihrem Alter. „Ich werde immer älter, aber nicht mehr schneller“, rechnete sie vor. Deshalb trat sie mit der Weisheit ihrer 37 Jahre auf der Zielgeraden auf die Bremse, klatschte alles ab, was dazu bereit stand. „Ich war zu schnell, schließlich will ich ja noch ein paar Mal kommen und einen neuen Streckenrekord aufstellen.“ So beließ sie es bei 1:20:26, unterbot damit die 1:21:53 von Lauren La Rocco aus dem Vorjahr klar und war sich sicher, dafür von höchster Stelle gescholten zu werden. „Meine Mutter wird jetzt sagen: Ziel klar verfehlt“, erklärte die Wahl-Metzingerin. Solche Sorgen hat Stefanie Kuhnert nicht, die sich als Zweite mächtig freute. „Ich bin super zufrieden, das war richtig gut“, sagte die Triathletin aus Pfullingen, die über ihre persönliche Bestzeit (1:22:45) mindestens so gestrahlt hat wie Mocki über den neuen Rekord.Wenn wir schon bei den Rekorden sind. Einen solchen hat der Mehrstetter Timo Göhler versprochen – und prompt geliefert. Der junge Mann brachte es fertig, seine Bestmarke über zehn Kilometer aus dem Jahr 2016 nach unten zu korrigieren. Aus 0:31:32 wurden 0:31:02.„Ich habe alles versucht, aber es hat knapp nicht gereicht“, sagte er. Die 30 wollte er vorne stehen haben, mit ein bisschen Abstand hat er angesichts eines erneuten Streckenrekords aber seinen Optimismus wiedergefunden. „Es war trotzdem schön, jetzt muss ich eben wiederkommen.“ Wir erinnern uns: Die 30 muss fallen.Für Silvan Rauscher war die Zeit nicht so wichtig. „Ich bin auf Platz gelaufen“, verriet er. Der dritte war es, Vereinskamerad Göhler vom LAV Stadtwerke Tübingen hat er zumindest „drei Meter lang“ begleitet. Daran will der Älbler in den nächsten Wochen und Monaten arbeiten.

Freund als Pacemaker

Einen „Pacemaker“ hatte Anja Knapp am Start. „Michi hat das gut gemacht“, lobte sie ihren Freund und Trainer mit dem Nachnamen Leibfarth. „Nach sieben Kilometern war es nicht mehr ganz so schön. Eine Zeitvorgabe hatten wir nicht gesetzt, wollten nur schnell laufen“, sagte die Triathletin von der SG Dettingen. Das ist in 0:36:10 prächtig gelungen. Die Kolleginnen, Friedericke Kallenberg (Pliezhausen, 0:38:32) und Katrin Kommer (Metzingen, 0:39:01), folgten in respektvollem Abstand. Und Michi ließ, wie es sich für einen Gentleman gehört, seiner Anja den Vortritt.Alles klar im Marathon. Vorab hatte man Richard Schumacher die größten Siegchancen eingeräumt. Der Läufer vom Sparda-Team Rechberghausen feierte im Ermstal seinen dritten Erfolg. Obwohl behauptet wird, dass ihm Hitze nicht viel ausmacht, führte er jene ins Feld. „Es gibt keinen Schatten auf der Strecke – gar keinen. Deshalb war klar, dass ich auf der zweiten Hälfte langsamer werde. Ich habe keinen richtigen Rhythmus gefunden“, so Schumacher. Über seine Siegerzeit von 2:35:52 wollte er dann aber auch nicht wirklich meckern.Michael Wetzel hatte die 2:45 im Visier, hat sie knapp verpasst. 2:46:59 stellten ihn bei der Premiere aber trotzdem zufrieden. Der Triathlet aus Neuhausen konnte aus terminlichen Gründen bisher einfach noch keinen ganzen laufen. Jetzt hat es gepasst mit den 42,195 Kilometern. „Die zweite Halbzeit war schon etwas zäh. Zunächst hatte ich geführt, musste dann aber Richard schnell ziehen lassen. Über weite Strecken war ich mit Peter zusammen“, so Wetzel.Peter Keinath hat nach Ende der Strapazen noch einmal bekräftigt, sich nun vom Wettkampfgeschehen zu verabschieden. Breiter aufstellen will er sich, neue Sachen probieren – zunächst aber wieder richtig auf die Beine kommen. „Es ist mir ins Kreuz gefahren. Schon in der Vorbereitung hatte ich Probleme mit der Bandscheibe. Das hat mich richtig aufgestellt, ich war froh, als es von Bad Urach aus bergab ging.“ Das Ziel hatte er nach 2:48:19 erreicht. Angesichts der Umstände sehr respektabel.Noch schlimmer erwischte es die für Kusterdingen startende Dettingerin Pamela Veith. Sie wurde vom DRK ins Ziel eskortiert, konnte sich kaum auf den Beinen halten. Die 3:27:45 haben sie zunächst gar nicht interessiert, auch nicht, dass Katja Gallasch vor ihr ins Ziel gekommen war (3:26:00). Sie startet für Siebenzwerge (Fachklinik für Drogenkrankheiten in Salem). Weil aus einer Teilnahme beim Zürich-Marathon nichts wurde, hat sie sich für einen Start im Ermstal entschieden: „Da kennt mich niemand.“ Jetzt schon – und sie kam prima mit den klimatischen Bedingungen klar. „Viel in der Sonne, sehr schön.“ So kann man es auch sehen. (Quelle:SWP/09.07.2018/Wolfgang Seitz/Bilder:S.Euchner))