"Ich bin auf meinem väterlichen Gute im Kreise einer zahlreichen Familie aufgewachsen. Nach Beendigung eines Ritterschaftsgymnasiums besuchte ich einige Universitäten, bei denen meiner schwankenden Gesundheit wegen Wien und Graz den Vorzug hatten. Dort studierte ich Kunstgeschichte und Philosophie. Später folgten allerhand Reisen und dann eine Reihe von Jahren, in denen ich in meiner Heimat die Familiengüter verwaltete. Ende der neunziger Jahre siedelte ich nach München über, wo ich, abgesehen von einem Jahr in Italien, meinen ständigen Wohnsitz nahm. Hier lebte ich meinen Arbeiten, veröffentlichte einige kunsthistorische Aufsätze und nahm 1899 meine literarische Tätigkeit wieder auf, die ich seit meinem beiden ganz im Zeichen des Naturalismus stehenden Erstlingsromanen abgebrochen hatte"

Mit diesen sechs Sätzen gab Eduard von Keyserling dem Verleger Eduard Glock einen kurzen Abriss seiner Biographie (1911). Damit hat er deutlich gemacht, was aus seiner Sicht wichtig war. Vor seinem Tode hat er seine Schwester gebeten, den Nachlaß zu vernichten - was bis auf wenige Ausnahmen auch geschah. Das Werk war ihm wichtiger als der Autor.

Wer heute biographische Details zum Leben von Eduard von Keyserling sucht, ist auf Informationen zweiter Hand angewiesen. Erhaltene Briefe sind eine Seltenheit, Fotos noch mehr. Einige Berichte von Kollegen, die ihm Nahe standen, beleuchten vor allem die späten Jahre in München. Über seine Studentenzeit in Dorpat hat er nie mehr ein Wort geschrieben. Die kurzen biographischen Notizen in den Literaturlexika oder den Nachworten zu seinen Romanen wurden stets eifrig abgeschrieben,so daß einige Irrtümer viele Jahre überlebt haben.


Zitat aus: Hellmut von Cube, Eduard von Keyserling und die baltische Gutslandschaft, Manuskript der Sendung vom 19.11.1965, 2. Programm des BR, in der Reihe: Der Dichter und seine Landschaften (# 599/95 Münchener Stadtbibliothek, Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek)