Wahre Worte

Hasso Plattner 2009 im Spiegel:

SPIEGEL: Manchmal ein böses Spiel. Im Jahr 2005 hat Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann quasi im gleichen Atemzug eine 25-prozentige Rendite für sein Institut proklamiert und zugleich den Abbau von mehr als 6000 Jobs verkündet.

Plattner: Sachlich hatte er völlig recht. Seine Bank brauchte diese Rendite, um global konkurrenzfähig zu bleiben. Er hat es nur unglücklich ausgedrückt. Fast überall auf der Welt wird das auch verstanden, nur in Deutschland nicht, wo einem mitunter eine eher wirre Sozialromantik begegnet.

SPIEGEL: Was ist daran sozialromantisch, wenn man sich eine gerechte Gesellschaft wünscht?

Plattner: Ist die deutsche Gesellschaft denn nicht gerecht? Seit dem Wirtschaftswunder eines Ludwig Erhard stehen wir Deutschen zwar inmitten eines kapitalistischen Wirtschaftssystems, haben ihm aber zugleich den Mantel „Soziale Marktwirtschaft“ übergestülpt …

SPIEGEL: … die wir vernünftig finden, weil sie die Folgen eines extremen Kapitalismus mildert.

Plattner: Völlig einverstanden. Aber es gibt so eine Stimmung im Land, dass wir Kapitalismus eigentlich gar nicht mehr wollen, sondern was anderes, Netteres. Es existiert aber nichts Besseres, trotz vieler Schwächen und Schattenseiten des Systems. Wohin kommunistische Planwirtschaft führt, hat man in der DDR gesehen. Das reden sich manche mittlerweile schön.

SPIEGEL: Zum Beispiel der „Tatort“-Kommissar Peter Sodann, der sagte: „Ich lasse mir die DDR nicht nehmen.“

Plattner: Das gehört für mich in die Abteilung Kuriositätenkabinett. Andererseits ist der Mann immerhin Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten.

SPIEGEL: In Umfragen halten immer weniger Bundesbürger die Demokratie für die beste Staats- und den Kapitalismus für die sinnvollste Wirtschaftsform.

Plattner: Das entsetzt mich auch. Da hilft nur, sich mal in der Welt umzuschauen, beispielsweise auf Kuba.

SPIEGEL: Eine der Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise war doch auch die ewige Gier nach immer höheren Renditen.

Plattner: Es gibt diese Gier. Aber entscheidender war: Die Akteure sind unüberschaubare Risiken eingegangen. Übrigens alle: Banker, Politiker und Analysten, Rating-Agenturen, amerikanische Hausbesitzer wie europäische Kleinanleger. Wer nicht weiß, was ein Lehman-Zertifikat bedeutet, sollte sich keines kaufen. Schuld an der Krise hat vor allem die Intransparenz der Risiken auf allen Ebenen. Die wenigsten wussten noch, was sie eigentlich gekauft haben.



(axelf.de / axelh.de)