FAQ Songtexte

  • Was macht einen guten Songtext aus?

Regeln sind da, um sie zu brechen. In der Regel sollte ein guter Songtext den Zuhörer von Anfang bis zum Ende mitnehmen. Er sollte EINE Hauptaussage haben, nicht zu viel und nicht zu wenig Inhalt liefern, einen angemessenen Spannungsbogen besitzen und die Erwartungen der Zielgruppe erfüllen oder übertreffen. Dazu kommt dann noch die Einheit aus Musik und Text, hohes Potenzial für Identifikation, der angemessene Sprachduktus, die klare Emotionalität... das alles betrifft weit über 50% der Songtexte erfolgreicher Songs. Je nach Zielgruppe oder Musikrichtung kann einen guten Text jedoch auch ausmachen, dass er aus dem Rahmen fällt, einfach nur sehr eingängig ist, oder vor allen Dingen nicht stört.


  • Wie fange ich an?

Der Anfang ist das einfachste beim Texten. Startpunkt ist in der Regel eine schon vorhandene Musik (z.B. von der Band im Proberaum ausgeheckt oder ein Layout des Produzenten), oder der Text kommt zuerst – dann ist die Wahl des Themas, der grundlegenden Emotionen oder der Hauptaussage völlig frei. Siehe auch „wie komme ich auf neue Ideen?“


  • Was macht einen guten Spannungsbogen aus?

Wenn in der ersten Strophe für den Zuhörer klar ist, was passiert ist, entsteht keine Spannung. Die Hauptaussage gehört in den Chorus, die Strophen sind da, um Spannung aufzubauen, die Geschichte zu erzählen, den Zuhörer und dessen Gefühle durch Bilder, Metaphern oder offene Ansagen anzuregen und mitzunehmen.

In der Bridge (C-Teil) wird das Bedürfnis nach etwas Neuem sowohl musikalisch als auch textlich bedient.


  • Wie komme ich auf neue Ideen?

Jeder bevorzugt andere Inspirationsquellen, um Texte zu schreiben. Wichtig ist dabei, die eigene Kreativität „zu schnappen“, ohne zuviel nachzudenken. Zuerst kommt die Idee. Die Arbeit daran und vor allem das Herausfiltern von Ideen, die nicht gut genug sind, sollte man vom kreativen Prozess trennen. Alles kann, alles darf. Hier eine Auswahl an Kreativitäts Techniken:


Freischreiben: alles aufschreiben, was das Unterbewusstsein ausspuckt, möglichst ohne den Stift abzusetzen

Teamarbeit: In der professionellen Praxis ist es Standard, dass Texte nicht alleine geschrieben werden

Klastern: Um einen Kernbegriff herum weitere Begriffe sammeln (ähnlich wie Mind Maps)

Umgebung: Aus Beobachtungen lassen sich tolle Bilder und Geschichten machen.

Was beschäftigt mich: Worüber denke ich seit ein paar Tagen nach?

Internet: Googlen, Bildersuchen, Texte lesen

Etwas anderes Schreiben: Eine Geschichte, ein Märchen, einen Brief...

Sprachspiele im Team: Mindestens zu zweit kann man wunderbar Reimen, Wortketten bilden, Ping-Pong Geschichten und Textzeilen erfinden

Musik nutzen: Musik hören beim Schreiben, eine Stelle oder Idee aus einem vorhandenen Stück wählen um ein neues zu schreiben

Lossingen: Ob mit oder ohne Musik, oder nur im Kopf – Gesangsmelodien lassen sich am besten mit der Stimme komponieren (wer hätte es gedacht?), man kann auch Vokale, Laute oder Texte ohne Sinn singen


  • Wie hängen Text und Musik zusammen?

Musik erzeugt Emotionen, hat ein gewisses Energielevel, eine Grundstimmung, eine Entwicklung. Musik und Text können dabei gemeinsam viel erreichen. Frag dich:

Wie ist das Gefühl an dieser Stelle? Was sagt der Text? Kann die Musik, oder die Gesangsmelodie das Gefühl des Textes noch besser treffen, oder umgekehrt?

Zudem gilt es, die Voraussetzungen des Künstlers, für den man schreibt, zu verinnerlichen. Wie ist das Künstlerprofil, wer ist die Zielgruppe, was soll die Musik bewirken? Gibt es eine evtl. Entwicklung oder einen Trend im Vergleich zu den früheren Songs des Künstlers?


  • Ich komme nicht weiter, erste Strophe und Refrain sind da, und jetzt?

Hier könnte der Songfahrplan helfen (frei nach Edith Jeske / Tobias Reitz).

Fasse deine Strophe in einer Zeile zusammen – was wird erzählt?

Fasse den Chorus in einer Zeile zusammen – wie ist die Hauptaussage?

Oft hakt es schon hier – die Aussage ist evtl. nicht konkret genug, oder es ist schon alles gesagt. Evtl. also direkt anpassen, vereinfachen oder korrigieren.

So entsteht der Fahrplan – die erste Strophe erzählt, es folgt der Chorus (Hauptaussage), die zweite Strophe erzählt (etwas anders und interessant), wieder ein Chorus (gleiche Hauptaussage), dann der C-Teil (etwas Neues, der nun folgende Chorus wird noch mehr supportet), und wieder mindestens ein Chorus (immer noch gültige Hauptaussage).

Wenn du das alles inhaltlich gecheckt hast funktioniert es.


  • Gibt es Bücher, die mir weiterhelfen?

Ja!! Zuerst muss ich hier das „Handbuch für Songtexter“ von Edith Jeske und Tobias Reitz nennen. Man bekommt einen ausführlichen Überblick über die wichtigsten Techniken, inspirierende Analysen und viel Material. Außerdem werden typische Fehler plausibel dargestellt. Es gibt noch eine Menge andere Bücher, zum Beispiel Susan Tucker's „The Secrets of Songwriting“. Weitere wichtige Arbeitsbücher sind Reimlexikon und Thesaurus.


  • Mein Text gefällt mir nicht, ich bekomme aber auch nichts besseres zustande. Was tun?

Mache eine rigorose Streichliste. Alles was angezweifelt wird, kommt weg. Es wird etwas Gutes übrig bleiben. Das ist dein Startpunkt für die Überarbeitung. Eine häufige, vielleicht monate- oder jahrelange Überarbeitung von Songtexten ist völlig normal. Habe also Geduld und Zeit mit dir und deinen Texten und plane die Überarbeitung mit ein. Schneller geht es vielleicht mit Teamarbeit, oder zumindest häufigem Feedback von Freunden und Bandkollegen.

Helfen könnte dir auch mehr Abstand zu deinen eigenen Texten – ein Songtext muss nicht autobiographisch sein, er kann ein Kunstwerk sein – du kannst erzählen, was duz willst.

Hier noch drei hilfreiche Arbeitstechniken fürs Schreiben:

Schatzkiste: Sammle alle Ideen und unfertige Texte in Ordnern und Kisten. Beschäftige dich regelmäßig mit der „Schatzsuche“

Mehrere Arbeitsblätter gleichzeitig (frei nach Jürgen Vom Scheidt): auf einen Zettel kommt der eigentliche Text mit Bemerkungen, Streichungen etc., auf einen weiteren die „fertige Version“. Der dritte Zettel ist für alle Textideen, die evtl. für andere Arbeiten zu gebrauchen sind, der vierte, um störende Gedanken (ich muss noch Freddy anrufen, ich muss noch Milch kaufen) zu notieren

Ping-Pong-Druck: Den von hand geschriebenen Text im Computer abtippen, nachbearbeiten (evtl. Zeilen oder Formteile tauschen, Leerstellen lassen) und wieder ausdrucken. Mit dem Ausdruck weiterarbeiten und irgendwann wieder abtippen.